Vor 40 Jahren: Schneestürme in Norddeutschland

Vielen älteren Mitmenschen ist der Winter 1978/79 noch in Erinnerung, vor allem die Norddeutschen unter uns vergessen ihre Erlebnisse nicht so schnell. Zwar gehörte der Winter 1978/79 in weiten Teilen Deutschlands nicht zu den kältesten und schneereichsten, aber gleich mehrfach stellte sich eine Grenzwetterlage ein, bei der auf der Nordseite der Luftmassengrenze extreme Schneemassen fielen. Dazu kam stürmischer Wind, der den Schnee meterhoch auftürmte. Das öffentliche Leben brach zusammen, Menschen starben im Schnee, es gab Katastrophenalarm und Fahrverbote. Trotz Klimaerwärmung könnte eine solche Wetterlage jederzeit wieder auftreten.




Bereits im Laufe des Dezember 1978 sammelte sich über Nordosteuropa sehr kalte Luft, die aber nur zeitweise bis nach Mitteleuropa vordringen konnte. Atlantische Tiefausläufer kamen mehrfach bis nach Deutschland voran. Kurz nach dem üblichen Weihnachtstauwetter zogen die Atlantiktiefs direkt nach Mitteleuropa und kamen gegen ein sich verstärkendes Hoch über Nordeuropa nicht mehr an. Sie zogen daher auf südlicherer Bahn direkt über Deutschland hinweg. An der Nordseite der Tiefdruckgebiete setzte sich die Kaltluft am 28. Dezember zunächst bis in den Norden Schleswig-Holsteins durch. Eine scharfe Luftmassengrenze trennte die extrem kalte Luft von sehr milder Luft mit zweitstelligen Plusgraden auf deren Südseite. Die schwere Kaltluft kam bodennah Tag für Tag etwas nach Süden voran, während in höheren Schichten noch mildere Luft vorherrschte. Damit fiel in einem Streifen quer über Deutschland Regen in die bodennahe Kaltluftschicht hinein und gefror hier bei zum Teil zweistelligen Minusgraden. Weiter nördlich schneite es zum Teil tagelang bei meist zweistelligen Minustemperaturen. Entscheidend war der starke bis stürmische Ost- bis Nordostwind mit Sturmböen, vor allem an den Küsten auch mit orkanartigen Böen. Der Wind löste an der Ostseeküste Hochwasser aus, brachte aber noch ganz andere, damals überraschende Probleme mit sich: Der Schnee wurde an und vor allem hinter Hindernissen meterhoch aufgetürmt und blockierte Straßen und Schienen. Auch die Autobahn A7 war nördlich von Rendsburg nicht mehr passierbar und Hunderte Fahrzeuge bleiben in den Schneewehen liegen. Vor allem auf abgelegenen Straßen gab es dabei sogar einige Todesfälle. Weit reichende Stromausfälle durch gerissene Stromleitungen stellten ein großes Problem dar. Betroffen war von diesem ersten Schneesturm besonders schlimm das nördliche Schleswig-Holstein und Teile von Mecklenburg-Vorpommern. Bis zum Jahreswechsel erfasste die Kaltluft auch den Süden Deutschlands, wenn auch nicht mit solchen katastrophalen Auswirkungen.

Stecken gebliebene LKW südlich von Itzehoe

Teil 2 des Schneewinters kam Mitte Februar, als im hohen Norden noch die Schneeberge vom Jahreswechsel lagen. Dieses Mal ging alles viel schneller, die Gräben und Mulden lagen noch voll mit Schnee. Innerhalb kürzester Zeit bildeten sich am 14. Februar Schneeverwehungen. Am folgenden Tag ging in weiten Teilen Norddeutschlands wenig bis gar nichts mehr. Der betroffene Bereich war also viel größer als beim ersten Schneesturm, die Wetterlage war aber sehr ähnlich mit auf südlicher Bahn vom Atlantik nach Mitteleuropa ziehenden Tiefs. Erneut entstand eine scharfe Luftmassengrenze, an deren Nordseite große Schneemengen fielen. Verstärken wirkte sich bei beiden Ereignissen der Einfluss der Ostsee aus, über die die extrem kalte Luft wehte und Feuchtigkeit aufnahm („Lake-Effect“).

Auch im Februar kam das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen. Während einige Straßen fast leer gefegt erschienen, erstreckten sich über andere Straßen Schneeverwehungen, die zum Teil eine Höhe von 5 Metern und mehr erreichten. Dieses Mal wurde seitens der Behörden viel schneller mit Katastrophenalarm und Fahrverboten reagiert. Dennoch blieben erneut viele Autofahrer im Schnee stecken. Geradezu dramatisch war die Lage zum Beispiel auf der Bundesstraße 5 zwischen Hamburg und Itzehoe, wo vor dem Ort Neuenbrook ein Konvoi mit vielen PKW und LKW, angeführt von einem Schneepflug, auf freier Strecke zum Stehen kam. Mitten in der Nacht mussten mehr als 100 Menschen gerettet werden. Einen ausführlichen Bericht dazu und zum gesamten Winter 1978/79 gibt es von mir auf Naturgewalten.de mit eigenen Erlebnissen, zahlreichen Fotos aus vielen Teilen Norddeutschlands und den Nachbarländern sowie vielen Links und Beschreibung der Wetterlage.

Schneeberge an der Bundesstraße 5 im Kreis Steinburg

Einen kleinen Nachschlag gab es am 15. März, als erneut in Teilen Norddeutschlands starker Schneefall einsetzte und sich bei böigem Wind Schneeverwehungen bildeten. Nach einigen Stunden war der Spuk aber schon wieder vorbei. Die Schneeberge an den Straßenrändern lagen auch noch im April und nach Tauwetter am Tage gefror das Wasser in den Nächten manchmal zu einer einzigen Eisbahn.

Ausführliche Informationen zu Unwettern aller Art und anderen Naturgewalten gibt es auf meiner umfangreichen Internetseite:




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