2011: Dreifachkatastrophe in Japan

Viele werden sich noch an die Dreifachkatastrophe am 11. März 2011 in Japan erinnern, die Bilder der Häuser vor sich her schiebenden Wassermassen und der Explosionen im Kernkraftwerk von Fukushima gehen einigen bis heute nicht aus dem Kopf. Nach einem massiven Erdbeben der Stärke 9,1 – einem der schwersten bekannten Beben weltweit – verwüstete ein Tsunami weite Regionen an der Ostküste der japanischen Insel Honschu. Durch Ausfall der Kühlsysteme kam es in mehreren Reaktorblöcken der Kernkraftanlage Fukushima I zur Kernschmelze und die Region wurde in weitem Umkreis verstrahlt. Insgesamt wurden nach dem Unglück mit Erdbeben, Tsunami und Reaktorkatastrophe mehr als 18.500 Tote gemeldet.




Epizentrum vor der Ostküste der Insel Honschu, Quelle: USGS

Am Freitag, den 11. März 2011 erschütterte gegen 06:46 Uhr MEZ (= 14:46 Uhr Ortszeit) ein sehr schweres Seebeben den Meeresboden vor der Ostküste der japanischen Hauptinsel Honschu. Das Beben erreichte nach Angaben des amerikanischen Erdbebendienstes (USGS) und nach japanischen Angaben die Stärke 9,1. Das Epizentrum des Bebens lag etwa 130 Kilometer östlich der Küstenstadt Sendai sowie etwa 375 Kilometer nordöstlich der japanischen Hauptstadt Tokyo. Der Erdbebenherd befand sich 20 bis 25 Kilometer unter der Oberfläche. Durch das Beben wurden an der japanischen Ostküste meterhohe Tsunamis ausgelöst und es gab Tausende Opfer sowie extreme Schäden. Für den gesamten Pazifikraum wurden Tsunamiwarnungen ausgegeben. Es war das stärkste Erdbeben in der Region seit Beginn der Aufzeichnungen vor mehr als 100 Jahren, weltweit wurden bisher nur zwei stärkere Beben registriert.

Die bisher stärksten gemessenen Erdbeben weltweit seit 1900, Quelle: USGS, Stand März 2021:
Ort

Datum

Stärke

Koordinaten
Chile

22.05.1960

9,5

38.30S 73.05W
Prince William Sound, Alaska

28.03.1964

9,2

61.02N 147.65W
vor Japan

11.03.2011

9,1

38.32N 142.37E
vor Nord-Sumatra, Indonesien

26.12.2004

9,1

3.30N 95.78E
Kamtschatka

04.11.1952

9,0

52.76N 160.06E
vor Chile

27.02.2010

8,8

35.85S 72.72W
vor Ecuador

31.01.1906

8,8

1.0N 81.5W
Rat Islands, Alaska

04.02.1965

8,7

51.21N 178.50E
vor Nordsumatra, Indonesien

11.04.2012

8,6

2.35N 93.07E
vor Sumatra, Indonesien

28.03.2005

8,6

2.08N 97.01E
Andreanof Islands, Alaska

09.03.1957

8,6

51.56N 175.39W
Assam – Tibet

15.08.1950

8,6

28.5N 96.5E

Weite Küstenbereiche nördlich von Tokyo wurden von meterhohen Flutwellen getroffen, die teilweise eine Höhe von deutlich mehr als 10 Metern erreichten. Auf die Küste am Kernkraftwerk Fukuchima I traf eine etwa 14 Meter hohe Flutwelle. Der Flutschutz war hier nicht einmal für die Hälfte dieser Höhe ausgelegt. Noch höher waren die Tsunamis in der Präfektur Iwate. Am 23. März 2011 wurde ein erster Untersuchungsbericht einer staatlichen Kommission vorgestellt. Darin wird die Höhe der Welle in der Stadt Ofunato mit 23,6 Metern angegeben. Der Rekord für einen Tsunami in Japan liegt bei 38,2 Metern und wurde im Jahre 1896 erreicht. Am 03. April folgte ein weiterer Bericht, nach dem in der Präfektur Iwate ein bis zu 37,9 Meter hoher Tsunami festgestellt worden war. Nach späteren Untersuchungen könnte ein riesiger, unterseeischer Hangrutsch die Tsunamiwellen an einem etwa 100 Kilometer langen Küstenabschnitt verstärkt haben.

Menschen, Fahrzeuge, Schiffe, abgestellte Flugzeuge, Eisenbahnzüge und ganze Häuser wurden mitgerissen. Einige Orte wurden komplett zerstört und dem Erdboden gleich gemacht. Es gab Tausende Tote und zunächst nach einigen Meldungen Zehntausende Vermisste, die Zahl der Toten stand noch lange Zeit nicht fest. Nach einem Bericht des japanischen TV-Senders NHK und der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo wurden allein in der Hafenstadt Minamisanriku mehr als 9.500 Menschen vermisst – mehr als die Hälfte der Einwohner der Stadt. Einen genauen Überblick gibt es bis heute nicht. Anfang April 2011 lag die offizielle der Toten bei mehr als 12.600 Toten und mehr als 15.000 Vermisste wurden gemeldet. Hunderttausende Menschen wurden obdachlos. Im März 2012 wurden mehr als 19.000 Tote und Vermisste genannt. Am 11. September 2013 lag die Zahl der Toten offiziell bei 18.537, davon wurden aber 2.654 bislang nicht gefunden.

Bei mehreren Kernkraftwerken versagten die Kühlsysteme, unter anderem bei den Anlagen in Fukushima I. Bei mehreren Reaktorblöcken drohte hier sogar eine Kernschmelze mit weit reichenden Folgen. Bei drei Blöcken trat sie ein. An diesen Reaktorblöcken gab es Explosionen, bei einem vierten, in dem Brennelemente lagerten, brach am 15.03. ein Feuer aus. Bereits ausgetretene oder noch austretende Radioaktivität breitete sich zunächst vor allem in Richtung Osten auf das Meer aus, erreichte zeitweise aber auch andere Landesteile. Aus dem Bereich um die betroffenen Atomanlagen wurden nach Medienmeldungen etwa 300.000 Menschen in Sicherheit gebracht. Am 21./22.03.2011 wurde gemeldet, dass wieder eine Stromversorgung zum Kraftwerk gelegt werden konnte. Die ursprüngliche Reaktorkühlung konnte damit noch nicht wieder aufgenommen werden; sie erfolgte durch Meerwasser, das durch Feuerwehr und Armee zu den Reaktoren gepumpt wurde. Die Lage wurde von den Behörden weiter als kritisch bezeichnet. Erst nach Monaten wurde die Lage stabiler. Die Region um das Kernkraftwerk wurde geräumt und ist für Jahrzehnte verseucht. Zur Kühlung der Reaktorböcke werden über Jahre hinaus Unmengen an Wasser gebraucht, die bei der Kühlung stark verseucht werden und in unzähligen Tanks gelagert werden müssen. Durch Lecks in diesen Tanks wurden im Sommer 2013 sehr große Mengen an Radioaktivität frei.

Für Dutzende weitere Staaten rund um den Pazifik wurden Tsunamiwarnungen ausgegeben, darunter der gesamte ostasiatische Raum, Australien, Neuseeland, Hawaii sowie Nord-, Mittel- und Südamerika. Schäden durch eine etwa 2,5 Meter hohe Flutwelle gab es unter anderem an der kalifornischen Küste, wo ein Mensch ums Leben kam. Die Schäden in Kalifornien beliefen sich auf mehr als 50 Millionen US-Dollar. In Ecuador gab es kleinere Schäden, dagegen wurden an der peruanischen Küste Hunderte Häuser beschädigt oder zerstört. Über Opfer ist hier nichts bekannt. Rechtzeitig vor Ankunft der bis etwa 1,5 Meter hohen Flutwellen waren ganze Küstenstriche entlang der südamerikanischen Küste evakuiert worden. Allein in Ecuador waren etwa 243.000 Menschen in Sicherheit gebracht worden. Überflutungen gab es auch auf den Galapagosinseln, wo ebenfalls rechtzeitig Evakuierungen eingeleitet worden waren.

Ausgelöst wurde das sehr schwere Beben dadurch, dass direkt vor Japan sich die Pazifische Erdplatte mit einer recht hohen Geschwindigkeit gegen die Eurasische Platte bewegt und in einer so genannten Subduktionszone unter diese abtaucht. Verhaken sich die beiden Platten, kann sich enormer Druck aufbauen, der sich plötzlich in einem starken Erdbeben entlädt. Da sich das Beben relativ dicht vor der Küste ereignete, betrug die Vorwarnzeit für die nächst gelegene Küste nur etwa 15 bis 20 Minuten.

Nachbeben in den ersten 32 Stunden nach dem Hauptbeben, Quelle: USGS

Dem Hauptbeben folgten Hunderte Nachbeben, darunter mehr als 50 der Stärke 6 oder mehr. Die Nachbeben und Folgebeben verteilten sich dabei über eine weite Region im Bereich Nordjapan. Bereits zwei Tage zuvor hatte sich in derselben Region ein schweres Seebeben der Stärke 7,2 ereignet. Der dadurch ausgelöste schwache Tsunami richtete aber keine größeren Schäden an. Am 15. März gab es südwestlich von Tokyo ein Folgebeben der Stärke 6,2, das hier einige Schäden anrichtete. Nachdem es am 20./21.03. keine Beben der Stärke 6 und mehr gab, ereigneten sich am 22.03. gleich drei Nachbeben der Stärke 6,4 bis 6,6.

(Titelbild: Verwüstungen in Rikuzentakata, Quelle: NASA)

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