Tornadoverdacht vom 23.09. bestätigt
Am 23. September 2018 überquerte das Sturmtief FABIENNE Deutschland von West nach Ost. An der zugehörigen Kaltfront entstand eine Gewitterlinie mit Böen bis Orkanstärke. Die Schäden lassen dabei örtlich auf Windgeschwindigkeiten bis weit über 200 km/h schließen. An einigen Stellen gibt es deutliche Hinweise auf mögliche Tornados, die derzeit noch immer untersucht werden. Ein erster Verdachtsfall bei Stollberg in Sachsen konnte nun durch die Analyse der Schäden bestätigt werden.
Das Tief „Fabienne“ zog damals als Randtief vom Atlantik direkt nach Mitteleuropa und überquerte in etwa die Mitte Deutschlands. An seiner Südseite traten in der Südhälfte Deutschlands verbreitet Sturmböen auf. Vor allem mit dem Durchzug der Kaltfront des Tiefs wurden auch Orkanböen registriert, dazu einige Tornadoverdachtsfälle. Auf dem Weinbiet (Rheinland-Pfalz) wurde eine Spitzenböe von 158 km/h und in Konstanz (Baden-Württemberg) eine Böe von 149 km/h registriert.
Erhebliche Schäden durch Sturm gab es unter anderem in Sachsen im Bereich Neuwürschnitz, Stollberg, Thalheim, Gelenau. Dazu ein kurzer Bericht eines Augenzeugen in Hohndorf, westnordwestlich von Stollberg: „Mit der Regengewitterfront, sehr starker Wind, schnell Richtungswechselnd. Hier über Hohndorf, starke Böen, kaum Sicht, plötzlicher Temperaturanstieg von 14 auf 18°C. Während des Sturmes staubsaugerartiges Windgeräusch. In Neuwürschnitz (ca. 4km weg) nach Bericht der dortigen Verwandtschaft Schäden an Gebäuden: abgedeckte Dächer, zerstörte Fenster, umgestürzte Bäume.“ Bei Thalheim (Luftbild oben) gab es umfangreiche Waldschäden, deren Ursache noch nicht geklärt ist. Einige Hinweise sprechen für einen so genannten Multivortex-Tornado – einem Tornado, der aus mehreren Wirbeln besteht. Hier bleibt es aber vorerst beim Verdachtsfall. Die Windgeschwindigkeiten dürften im oberen Bereich der Stufe F2 der Fujitaskala gelegen haben, also zwischen 200 und 250 km/h.
An der Bundesstraße B169, etwa auf halber Strecke zwischen Niederdorf und Pfaffenhain, nordöstlich von Stollberg / Erzgebirge, finden sich eindeutige Schäden mit komplett gegensätzlichem Fallmuster der Bäume an einem Teich östlich der Bundesstraße und deutlich konvergentem Fallmuster in einem Waldstück östlich angrenzend. Auch Verfrachtungen von Ästen und Bäumen untermauern dies.
Der Birkenwald östlich des Teiches zeigt eindeutige Spuren. Während die Bäume am linken Bildrand zur Bildmitte hin gebogen sind, neigen sich die Bäume weiter rechts in der Aufnahme deutlich nach links. Von dem Baum im Vordergrund fehlt dagegen jegliche Spur, er konnte vor Ort nicht aufgefunden werden.
Resumee: Aus den vielen Schäden am 23. September sticht dieser Schadenort zwischen Niederdorf und Pfaffenhain deutlich heraus. Die aufgefundenen Schäden lassen nur den Schluss zu, dass an dieser Stelle ein Tornado die Schäden angerichtet haben kann. Die restlichen, teils großflächigen Schäden lassen sich damit nicht erklären und müssen gesondert untersucht werden. Wie so oft an solchen Gewitterfronten ist ein Mix aus Gewitterböen (Downburst) bis Orkanstärke und weiteren Tornados wahrscheinlich. Zusätzlich zum nun bestätigten Tornado liegen derzeit noch 10 Tornadoverdachtsfälle vom 23. September vor.
Die Tornadosaison 2018 verlief in Deutschland ausgesprochen ruhig. Mit bisher 21 bestätigten oder plausiblen Tornados liegt die Zahl bisher so niedrig wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Dazu kommen zwar noch mehr als 100 Verdachtsfälle, aber auch diese Zahl liegt deutlich unter dem Mittel der vergangenen 20 Jahre.
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Gut recherchierter und ansprechend aufgearbeiteter Bericht!
Dankeschön!
Durch Sie weiß ich erst, dass es soviele Tornados in Deutschland gibt. Ihre Arbeit ist sehr wichtig.