2023: Viel los auf dem Atlantik

 (Stand: 29.11.2023) Die nordatlantische Hurrikansaison 2023 war deutlich aktiver als im langjährigen Mittel. Ursprünglich war wegen des Warmwasserphänomens El Niño im Ostpazifik eine wesentlich schwächere Saison erwartet worden. Insgesamt wurden bisher 20 Tropische Stürme registriert, von denen sich 7 zu Hurrikanen verstärkten. Davon erreichten mit Franklin, Idalia und Lee 3 die Stufe 3 oder mehr auf der Saffir-Simpson-Hurrikanskala. Im langjährigen Mittel werden 11 Stürme beobachtet, davon 6 Hurrikane, von denen 2 bis 3 zu starken Hurrikanen werden.



 

© by NHC. Die Karte zeigt die Zugbahnen aller Atlantikstürme im Jahre 2023 bis Ende November.

Betrachtet man die Accumulated Cyclone Energy (ACE), die die Stärke und die Dauer eines Sturms berücksichtigt, lag die Aktivität im Jahr 2023 um etwa 30 Prozent höher als im Mittel der Jahre 1991 bis 2020.

Die Hurrikansaison 2023 startete sehr früh. Denn bereits Mitte Januar entstand vor der Nordostküste der USA ein Sturm, der aber erst in einer nachträglichen Analyse erkannt und im Mai 2023 zu einem Subtropischen Sturm erklärt wurde, der nur teilweise tropische Eigenschaften aufwies. Einen Namen vergibt das National Hurricane Center in Florida im Nachhinein nicht. Der Subtropische Sturm zog vor der Ostküste der USA in Richtung Nordosten und traf mit Böen bis etwa 100 km/h auf die kanadische Provinz Nova Scotia.

Damit erhielt erst der zweite Sturm des Jahres den ersten Namen der Liste. Ab dem 30. Mai beobachtete das National Hurricane Center in Miami ein tropisches Tiefdruckgebiet über dem warmen Wasser des Golfs von Mexiko. Am 01. Juni wurde daraus eine Tropische Depression, die sich am Folgetag zum Tropischen Sturm ARLENE verstärkte. Der schwache Sturm driftete nach Süden in Richtung Kuba und löste sich bereits am 03. Juni wieder weitgehend auf, ohne nennenswerte Schäden anzurichten.

Noch im Juni folgten die beiden Stürme BRET und CINDY, von denen der erste fast Hurrikanstärke erreichte und über die südlichen Kleinen Antillen hinweg in die Karibik zog. Hier streifte er die südamerikanische Küste mit starken Regenfällen. CINDY blieb dagegen auf dem offenen Ozean.

Hurrikan DON am 22.07.2023 (Quelle: Tropical Tidbits)

DON (14.-24. Juli) war der erste Hurrikan der nordatlantischen Hurrikansaison 2023. Im Mittel entsteht der erste Hurrikan der Saison erst am 11. August. Er geht in die Rekordlisten ein. Noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen bildete sich in einem Juli so weit nördlich ein Hurrikan – fast einen halben Breitengrad nördlicher als der bisherige Rekordhalter DANNY im Jahre 2003.Die Wassertemperaturen liegen in diesem Bereich deutlich höher als im langjährigen Mittel, abgesehen von einem schmalen Streifen, über den DON schon einmal hinweggezogen ist und kälteres Wasser aufgewühlt hat Außerdem gehört DON zu den langlebigsten Julistürmen seit Aufzeichnungsbeginn. Nach dem vorläufigen Stand liegt er auf Platz 5, dicht hinter Emily (2005). Erst fast vier Wochen später folgte mit Emily der nächste Sturm – er blieb eine Eintagsfliege.

In der zweiten Augusthälfte verstärkte sich FRANKLIN zum ersten starken Hurrikan der Saison. Der Sturm überquerte die Karibikinsel Hispañola mit den Staaten Haiti und der Dominikanischen Republik, wo erhebliche Überschwemmungen auftraten. Nach Überquerung der Insel erreichte der Hurrikan auf dem Atlantik die zweithöchste Kategorie der Hurrikanskala, bedrohte aber kein Land mehr. Gleich zwei Wochen lang beschäftigte der Tropensturm GERT die Meteorologen am Hurricane Center, wobei sich der Sturm zwischenzeitlich fast auflöste, sich dann aber regenerieren konnte. Am 22. August traf der Sturm HAROLD auf den Süden des US-Bundesstaates Texas. Hier und im Norden Mexikos gab es schwere Überschwemmungen durch heftige Regenfälle.

Ebenfalls im August verstärkte sich der Sturm IDALIA im Ostteil des Golfs von Mexikos zu einem Hurrikan der Kategorie 4, bevor er auf eine relativ dünn besiedelte Region im Nordwesten Floridas traf. Unter Abschwächung zog der Sturm über den gesamten Südosten der USA hinweg. Verbreitet wurden große Schäden durch den Wind, eine meterhohe Sturmflut und heftige Regenfälle mit großflächigen Überschwemmungen angerichtet. Die Schäden gingen in die Milliarden. Die beiden folgenden Stürme JOSE und KATIA blieben auf dem Ostatlantik schwach und bedrohten kein Land.

Hurrikan LEE am 08.09.2023 (Quelle: Tropical Tidbits)

Im September entwicketlte sich auf dem Westatlantik der Sturm LEE zum stärksten Hurrikan der Saison, kurzzeitig schaffte er mit mittleren Windgeschwindigkeiten bis etwa 270 km/h den Sprüng in die höchste Kategorie der Hurrikanskala. Entlang der gesamten US-Ostküste und auf Bermuda schlugen meterhohe Wellen auf die Strände. Unter deutlicher Abschwächung und Umwandlung zu einem außertropischen Orkantief erreichte der Hurrikan am 16. September die kanadische Atlantikprovinz Nova Scotia. Die beiden nachfolgenden Hurrikane MARGOT und NIGEL blieben auf dem offenen Atlantik. Ende September traf der Tropensturm OPHELIA auf die Küste von North Carolina, ohne größere Schäden anzurichten. Die beiden Stürme RINA und SEAN bedrohten kein Land.

Im Oktober entsprach die Hurrikanaktivität in etwa dem langjährigen Mittel. Der Sturm PHILIPPE, der sich noch im September gebildet hatte, wirkte sich Anfang Oktober auf den nördlichen Kleinen Antillen aus. Der Hurrikan TAMMY traf am 21. Oktober ebenfalls unter anderem auf die Insel Barbuda und beeinflusste weitere Inseln der nördlichen Kleinen Antillen. Die Schäden hielten sich allerdings in Grenzen. Es folgte noch eine Tropische Depression, die wenige Tage später mit starken Regenfällen auf die Küste von Nicaragua traf und hier schwere Überschwemmungen auslöste.

Der November brachte keine Stürme oder Hurrikane hervor und die Saison endete vorzeitig. Allerdings bildete sich am 14. November in der südwestlichen Karibik ein tropisches Tief, das vom Hurrikan Center in Miami genau verfolgt wurde. Wegen der Landbedrohung von Jamaika, Kuba, Haiti und der Dominikanischen Republik wurde das System am 16. November als Potenzieller Sturm No. 22 eingestuft und Sturmwarnungen ausgegeben. Zu einem Sturm konnte sich das Tief nicht mehr entwickeln, aber auf Jamaika und Kuba sowie in Haiti gab es Überschwemungen und mindestens zwei Menschen ertranken. Wesentlich schlimmer war die Dominikanische Republik betroffen. Allein am 18. November fielen im Süden des Landes innerhalb von nur 24 Stunden gebietsweise mehr als 400 Liter Regen pro Quadratmeter. Die höchsten Werte und neue Landesrekorde meldeten die Stationen in Viejo Arroyo Hondo mit 431,0 und Renacimiento mit 426,0 Liter – beide im Osten der Hauptstadt Santo Domingo gelegen. Die Folge waren Sturzfluten, die mehr als 11.000 Häuser überwemmten und zum Teil komplett zerstörten, sowie der Einsturz einer Betonwand vor der Einfahrt zu einem Autobahntunnel. Dabei wurden 5 Autos unter den schweren Betonplatten begraben und 9 Menschen kamen ums Leben. Zahlreiche weitere Tote gab es an anderen Orten im Land und es wurde eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen.

Insgesamt fiel die Hurrikansaison 2022 im Vergleich zu der aktiven Periode 1991 bis 2020 in deutlich überdurchschnittlich aus. Ursprünglich waren deutlich weniger Stürme und Hurrikane erwartet worden. Dies gilt für nahezu sämtliche Vorhersagen. Zeitweise waren allerdings die Windverhältnisse in größeren Höhen günstig. Damit war die Scherung – der Windunterschied zwischen dem Boden und der Höhe – deutlich geringer, während die Wassertemperaturen verbreitet deutlich höher waren als im Mittel.

Es folgt eine Übersicht mit allen Tropischen Depressionen, Tropischen Stürmen und Hurrikanen der nordatlantischen Hurrikansaison 2023:

Nr. TS/H Name Kat. Zeit Wind Druck Landfall Tote Schäden
1 ST.S. Namenlos 16.01.-17.01. 110  976  Nova Scotia n.bek. n.bek.
2 T.S. ARLENE 01.06.-03.06. 65  998  Kuba n.bek. n.bek.
3 T.S. BRET 19.06.-24.06. 110  996  Kleine Antillen n.bek. n.bek.
4 T.S. CINDY 22.06.-26.06. 95  1004 
5 H DON 1 14.07.-24.07. 120  986 
6 T.S. EMILY 20.08.-21.08. 85  998 
7 H FRANKLIN 4 20.08.-01.09. 240  926  Hispañola 2 n.bek.
8 T.S. GERT 19.08.-04.09. 95  997  0 0
9 T.S. HAROLD 21.08.-23.08. 85  996  Texas 2 n.bek.
10 H IDALIA 4 26.08.-31.08. 215  940  Florida 9 3-5 Mrd. US-Dollar
11 T.S. JOSE 29.08.-02.09. 95  996 
12 T.S. KATIA 01.09.-04.09. 95  998  Kapverden n.bek. n.bek.
13 H LEE 5 05.09.-16.09. 270  926  Nova Scotia 3 n.bek.
14 H MARGOT 1 07.09.-17.09. 150  970 
15 H NIGEL 1 15.09.-22.09. 160  971 
16 T.S. OPHELIA 22.09.-24.09. 110  981  North Carolina n.bek. n.bek.
17 T.S. PHILIPPE 23.09.-06.10. 85  998  Barbuda, Kleine Antillen n.bek. n.bek.
18 T.S. RINA 28.09.-01.10. 85  999 
19 T.S. SEAN 11.10.-16.10. 75  1004 
20 H TAMMY 2 18.10.-29.10. 165  965  Barbuda, Kleine Antillen n.bek. n.bek.
21 T.D. TWENTY-ONE 23.10.-24.10. 45  1007  Nicaragua n.bek. n.bek.

(Alle Angaben ohne Gewähr; T.D. = Tropische Depression / hat keine Sturmstärke erreicht, T.S. = Tropischer Sturm; Kategorie nach der Saffir-Simpson-Skala, maximaler Mittelwind in km/h, Druck = tiefster festgestellter Luftdruck im Zentrum in Hektopascal). Das fehlende System Nr. 4 konnte sich vom 19. bis zum 21. August im Westteil des Golfs von Mexiko nicht zu einer Depression oder einem Sturm entwickeln.

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