Mindestens 43 Tornados in 2023

Am Wochenende (16.03.2024) fand eine Nachbesprechung der Tornado-Arbeitsgruppe Deutschland zur Tornadosaison im vergangenen Jahr statt, zahlreiche Fälle konnten diskuriert und teilweise neu eingestuft werden. Im Tornadojahr 2023 richteten Tornados in Deutschland deutlich weniger Schäden an als im Vorjahr. Insgesamt sind bisher 42 Tornados bestätigt, dazu kommt ein plausibler Fall, bei dem ein Tornado sehr wahrscheinlich ist. Im Jahr 2023 sind derzeit außerdem 137 Verdachtsfälle bekannt (Stand: 18.03.2024) und damit etwa so viel wie im Vorjahr. Die Zahl der bestätigten Tornados kann allerdings noch ansteigen. Die beiden stärksten Tornados des Jahres – jeweils mit der Stärke F2 – traten am 01. Februar bei Minden (NRW) und am 21. September in Rheinland-Pfalz auf.



Tornado bei Preußisch Oldendorf am 01.02.2023, Quelle: Jörg Ölsner, www.fotomensch.de

Die beiden ersten bestätigten Tornados traten schon am 01. Februar auf. Der erste mit der Stärke F1 richtete einige Schäden im ostfriesischen Hinte an, der zweite war deutlich stärker: Am Nachmittag zog eine Linie mit Graupelgewittern von Nordwest nach Südost über den Kreis Minden-Lübbecke (NRW) hinweg. Während an den umliegenden Wetterstationen Windgeschwindigkeiten um 60-70 km/h gemessen wurden, traten in der Nähe der Stadt Preußisch Oldendorf lokal eng begrenzt deutlich höhere Windgeschwindigkeiten auf und sorgten „schneisenartig“ für umgestürzte Bäume und größere Beschädigungen an Dächern. Von einem Tornado als Ursache ist nach der Analyse der Schäden auszugehen. Die Schneise ist mindestens 5,3 km lang. Die maximale Schneisenbreite beträgt mindestens 300 Meter. Besonders ein Waldstück wurde weitgehend zerstört und die Stärke F2 wurde durch Messwerte von angrenzenden Windkraftanlagen bestätigt. Hier wurden Böen bis über 200 km/h registriert.

Am 26. März richtete ein F1-Tornado in und bei Wetzlar (Hessen) Schäden an Gebäuden und an der Vegetation in einer mindestens 3,5 Kilometer langen und bis zu 110 Meter breiten Schneise an. Auch Augenzeugenberichte sprechen für einen Tornado. In einem Video einer Überwachungskamera nahe der Lahn ist der Tornado für kurze Zeit am Rande zu erkennen. Wenig später am selben Tag trat bei Gießen noch ein schwacher Tornado auf, der einige Schäden hinterließ. Am 10. Mai wurde auf einer Freifläche des Flugplatzes Tröstau im oberfränkischen Landkreis Wunsiedel ein eindrucksvoller Tornado gefilmt.

Wie schon fast genau ein Jahr zuvor zog am 21. April ein Tornado über ein Spargelfeld bei Kandel in Rheinland-Pfalz und wirbelte hier die Abdeckplanen durch die Luft. Genau eine Woche später gab es am Rande von Mainz (Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz) einen Tornado, der leichte Schäden anrichtete. Zahlreiche Tornadoverdachtsfälle gab es am 22. Juni, von denen bisher 2 bestätigt oder zumindest als plausibel eingestuft werden konnten. Die Untersuchungen zu den Fällen dauern derzeit noch an.

Tornado in Lachen-Speyerdorf am 27.08.2023, Quelle: Martin Schaaf

Das wechselhafte Wetter im August und insgesamt im Sommer 2023 war häufig mit Schauern und Gewittern verbunden, örtlich mit schweren Unwettern. Auch zahlreiche Tornados zogen über das Land. Bisher sind mindestens 23 Tornados und plausible Fälle allein aus den drei Sommermonaten bekannt, davon erreichten mehrere die Stärke F1 der Fujitaskala. Stärkere Tornados wurden aber in den Sommermonaten nicht beobachtet. Große Schäden richtete ein Tornado am 26. Juli in Burghausen im bayerischen Landkreis Altötting an. Der am 11. Juli von den Medien gemeldete F2-Tornado mit erheblichen Schäden in der Siedlung Asweiler im Saarland stellte sich dagegen bei der Analyse der Tornado-Arbeitsgruppe als Downburst (Gewitterfallböen) mit Windgeschwindigkeiten bis über 200 km/h heraus. Zu den bestätigten Tornados kommen mehr als 90 Verdachtsfälle hinzu, die noch untersucht werden.

Im Herbst 2023 wurden in Deutschland bisher 5 bestätigte oder plausible Tornados und 14 weitere Tornadoverdachtsfälle verzeichnet. Am 21. September richtete ein Tornado der Stärke F2 erhebliche Schäden in mehreren Orten in Rheinland-Pfalz an. Am 24.10. hinterließ ein Tornado der Stärke F1 erhebliche Schäden in Cashagen im Kreis Ostholstein (Schleswig-Holstein).

Drei Tornados und Tornadoverdachtsfälle wurden am 21./22. Dezember 2023 in Deutschland registriert, zwei davon sind inzwischen bestätigt. Alle drei Fälle traten in Nordrhein-Westfalen auf, darunter ein starker Tornado, der zwischen Köln und Troisdorf innerhalb einer mehr als 15 Kilometer langen Tag Schneise erhebliche Schäden an Gebäuden und Bäumen anrichtete. Die Schäden gehen bis in den F2-Bereich mit Windgeschwindigkeiten bis etwa 200 km/h.

Im langjährigen Mittel gehen wir von 40 bis 60 Tornados pro Jahr in Deutschland aus, wobei die Zahlen von Jahr zu Jahr stark schwanken. Ein Tornado der Stärke F3 kommt etwa alle zwei Jahre vor, F2-Tornados im Schnitt 3 bis 5 pro Jahr. Eine genauere Statistik gibt es derzeit noch nicht. Erst seit der Jahrtausendwende wird in privater Initiative wieder Tornadoforschung in Deutschland betrieben, für eine aussagekräftige Statistik reicht dies noch nicht aus.

Titelbild: Melanie Emeling-Böhmert

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