Rückblick auf eine denkwürdige Hurrikansaison
Die denkwürdige Hurrikansaison 2020 auf dem Nordatlantik war von Anfang an auf Rekordkurs, insgesamt wurde die Rekordzahl von 30 Tropischen Stürmen registriert, dazu kam eine Tropische Depression, die sich nach offiziellen Angaben nicht zu einem Sturm verstärken konnte. Von den 30 Stürmen verstärkten sich 13 zu einem Hurrikan, von denen 6 die Stufe 3 oder mehr auf der Saffir-Simpson-Hurrikanskala erreichten. Im langjährigen Mittel werden 11 Stürme beobachtet, davon 6 Hurrikane, von denen 2 bis 3 zu starken Hurrikanen werden.
Vor allem zu Beginn der Saison waren die meisten Stürme nur schwach und/oder kurzlebig. Betrachtet man nicht nur die Anzahl der Stürme, sondern auch deren Dauer und Stärke, stehen zahlreiche Jahre deutlich vor 2020. Auffällig war noch, dass es eine Rekordzahl an Stürmen gab, die auf das US-Festland trafen. Es waren insgesamt 10 Stürme/Hurrikane, davon trafen allein 6 auf den US-Bundesstaat Louisiana. Zehn Stürme verstärkten sich zumindest zeitweise extrem schnell, viele davon kurz bevor sie auf Land trafen.
Gesamtenergie der Hurrikansaison, höchste Werte seit 1851 (Quelle: NOAA/NHC) | ||
Rang | Jahr | ACE |
1 | 2005 | 248 |
2 | 1950 | 243 |
3 | 1893 | 231 |
4 | 1995 | 227 |
5 | 2017 | 225 |
6 | 2004 | 224 |
7 | 1926 | 222 |
8 | 1933 | 213 |
9 | 1961 | 205 |
10 | 1955 | 199 |
11 | 1887 | 182 |
11 | 1998 | 182 |
13 | 1878 | 181 |
14 | 2020 | 180 |
Die Abkürzung ACE steht für Accumulated Cyclone Energy und wurde vom US-Wetterdienst eingeführt, um eine Hurrikansaison nicht nur nach de Anzahl der Stürme beurteilen zu können, sondern auch nach deren Stärke und Dauer. Dafür wird für jeden einzelnen Sturm alle sechs Stunden das Quadrat der höchsten mittleren Windgeschwindigkeit, geteilt durch 10.000. Die jeweiligen Ergebnisse werden über die ganze Saison aufsummiert. Ein kurzlebiger und/oder schwacher Sturm erzeugt nur einen geringen ACE-Wert, ein langlebiger Hurrikan allein kann schon mal ACE-Werte von 20 bis 40 erzeugen.
Die Hurrikansaison 2020 startete ungewöhnlich früh und bereits im Mai bildeten sich die ersten beiden Stürme, die beide auf die Ostküste der USA trafen. Anfang Juni richtete der Tropensturm CRISTOBAL größere Schäden im US-Bundesstaat Louisiana an, dabei kamen 15 Menschen ums Leben. Es folgten zahlreiche weitere Stürme, die jeweils neue Rekorde aufstellten und so früh auftraten wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen. Als erster Hurrikan traf HANNA in der zweiten Julihälfte auf Texas und den Nordosten Mexikos und löste Überschwemmungen aus. Ende Juli und Anfang August zog der Hurrikan ISAIAS die gesamte Strecke über die Kleinen Antillen, Puerto Rico, die Dominikanische Republik, die Bahamas bis nach South Carolina an der Ostküste der USA. Mindestens 18 Menschen kamen ums Leben und die Schäden beliefen sich auf mehr als 4 Milliarden US-Dollar.
Der bis dahin stärkste Hurrikan des Jahres mit dem Namen LAURA traf Ende August auf die US-Golfküste im Grenzgebiet der beiden Bundesstaaten Texas und Louisiana. Er richtete hier Milliardenschäden an und Dutzende Menschen starben hier und zuvor auf einigen Karibikinseln. Die mittleren Windgeschwindigkeiten reichten zeitweise bis etwa 240 km/h bei einem Kerndruck von 937 Hektopascal. Damit blieb der Hurrikan nur knapp unterhalb der Schwelle zur höchsten Kategorie 5. Dutzende Menschen kamen in der Karibik und in Texas/Louisiana ums Leben und es gab Schäden in Milliardenhöhe. Der fast zeitgleich im Bereich des Golfs von Mexiko auftretende Hurrikan MARCO löste sich dagegen nach nur wenigen Stunden auf. Anfang September traf der Hurrikan auf Belize in Mittelamerika. Der Hurrikan NANA traf Anfang September auf die Küste von Belize und löste hier sowie in den angrenzenden Staaten Zentralamerikas Überschwemmungen aus.
Mitte September traf der Hurrikan PAULETTE direkt auf Bermuda, schwächte sich wenige Tage darauf zu einem Resttief ab. Dieses Tief regenerierte sich am 21. September im Bereich südlich der Azoren mit mittleren Windgeschwindigkeiten bis fast 100 km/h, bevor er sich erneut auflöste. Fast zeitgleich überquerte der Hurrikan SALLY die US-Bundesstaaten Florida, Mississippi und Alabama, zeitweise erreichte er die Kategorie 2. Ebenfalls Mitte September verstärkte sich der Hurrikan TEDDY mitten auf dem Atlantik bis zur Kategorie 4 mit mittleren Windgeschwindigkeiten bis etwa bis etwa 220 km/h bei einem Kerndruck von 945 Hektopascal verstärkte. TEDDY drehte nach Norden ein und traf am 23. September auf die kanadische Atlantikprovinz Nova Scotia, wo er sich in ein außertropisches Sturmtief umwandelte.
Der 22. Sturm der nordatlantischen Hurrikansaison 2020 entstand am 18. September aus einem außertropischen Tief vor der Westküste Portugals und bekam den Namen ALPHA, da die herkömmliche Namensliste aufgebraucht war. Da er nicht nur rein tropische Eigenschaften aufwies, wurde ALPHA als Subtropischer Sturm eingestuft, der am 19. September mit Starkregen und Sturmböen auf die Küste von Portugal traf. Der Sturm BETA entstand am 17./18. September im Westteil des Golfs von Mexiko. Er zog nur sehr langsam und traf am 22. September auf die Küste von Texas. Hier und in angrenzenden Regionen gab es gebietsweise stärkere Überschwemmungen durch heftige Regenfälle. Der Sturm GAMMA entstand am 02. Oktober in der westlichen Karibik. Der Sturm entwickelte sich sehr schnell und war mit mittleren Windgeschwindigkeiten bis etwa 110 km/h nahe Hurrikanstärke, als er auf die Küste der mexikanischen Halbinsel Yucatan traf.
Einer der stärksten Hurrikane der Saison 2020 entstand am 05. Oktober in der zentralen Karibik. Der Sturm DELTA verstärkte sich rasch und wurde in der westlichen Karibik zu einem Hurrikan der zweithöchsten Kategorie 4 mit mittleren Windgeschwindigkeiten bis etwa 230 km/h. Durch ungünstige Höhenwinde schwächte sich der Hurrikan auf Kategorie 2 ab, bevor er am 07. Oktober auf die Küste im Nordosten der mexikanischen Halbinsel Yucatan traf und hier große Überschwemmungen auslöste. Über dem Golf von Mexiko konnte sich DELTA regenerieren und erreichte erneut Kategorie 3 mit Windgeschwindigkeiten bis etwa 200 km/h. Leicht abgeschwächt traf er am 09. Oktober auf die Küste des US-Bundesstaates Louisiana. Hier und in angrenzenden Bundesstaaten gab es größere Schäden unter anderem durch den Wind, eine meterhohe Sturmflut und heftige Regenfälle. Ebenfalls im Oktober bildete sich aus einem außertropischen Tief mitten auf dem Atlantik der Hurrikan EPSILON, der zeitweise die Kategorie 3 erreichte, aber auf dem Meer blieb.
Am 25. Oktober entstand in der westlichen Karibik der Sturm ZETA. Der Sturm verstärkte sich, bevor er in Hurrikanstärke auf die mexikanische Halbinsel Yucatan traf. Dort schwächte er sich vorübergehend ab, konnte sich aber auf dem warmen Wasser des Golfs von Mexiko zu einem Hurrikan verstärken. ZETA verstärkte sich weiter, bis er die Küste der US-Südstaaten erreichte. Dabei wies er mittlere Windgeschwindigkeiten bis etwa 175 km/h aufwiese – nahe der Grenze zur Kategorie 3 der Hurrikanskala. In zahlreichen US-Bundesstaaten gab es große Schäden durch Sturm, Starkregen und eine Sturmflut sowie weit reichende Stromausfälle.
Der 28. Sturm der nordatlantischen Hurrikansaison 2020 entstand am 31. Oktober in der zentralen Karibik. Der Sturm ETA verstärkte sich am 02. November zu einem Hurrikan, der auf dem Weg nach Westen mit mittleren Windgeschwindigkeiten bis etwa 240 km/h extrem schnell die zweithöchste Kategorie 4 der Hurrikanskala erreichte. Damit war ETA erst der fünfte Hurrikan seit Aufzeichnungsbeginn, der in einem November die Kategorie 4 erreichte. Mit dieser Stärke traf er am 03. November auf die Küste von Nicaragua. Über Land schwächte sich ETA schnell ab, drehte nach Nordosten ein und erreichte erneut das warme Wasser der Karibik, wo er am 07. November erneut Sturmstärke erreichte. Der Sturm überquerte Kuba und den äußersten Süden und wurde am 11. November über dem südöstlichen Golf von Mexiko erneut zu einem Hurrikan. Unter Abschwächung überquerte er am 12. November den Norden Floridas und verlor am 13. November an der US-Ostküste seine tropischen Eigenschaften. ETA richtete in mehreren Regionen große Schäden an und mehr als 170 Menschen kamen ums Leben. Der Sturm Theta blieb im Osten des Atlantiks nur knapp unter der Hurrikanschwelle.
Der 30. Sturm der nordatlantischen Hurrikansaison 2020 entstand am 13. November in der zentralen Karibik. Auf dem Weg nach Westen verstärkte sich der Sturm IOTA in der Nacht zum 15. November zum 13. Hurrikan der Saison. Am 16. November erreichte der Hurrikan mit mittleren Windgeschwindigkeiten bis etwa 260 km/h die höchste Kategorie 5 bei einem Kerndruck von nur 917 Hektopascal. IOTA brach einige Rekorde, unter anderem wurde noch nie so spät im Jahr ein so starker Hurrikan registriert. Nur leicht abgeschwächt traf der Hurrikan am frühen Morgen des 17. November (MEZ) auf die Küste von Nicaragua. Über Land schwächte sich der stärkste Hurrikan der Saison rasch ab, löste aber in einigen mittelamerikanischen Staaten durch heftige Regenfälle Überschwemmungen und Erdrutsche aus. Dabei starben Dutzende Menschen in der zwei Wochen zuvor bereits durch ETA schwer getroffene Regionen.
Es folgt eine Übersicht mit allen Tropischen Depressionen, Tropischen Stürmen und Hurrikanen der nordatlantischen Hurrikansaison 2020:
Nr. | TS/H | Name | Kat. | Zeit | Wind | Druck | Landfall | Tote | Schäden |
1 | T.S. | ARTHUR | – | 16.05.-19.05. | 95 | 991 | Florida, Bahamas, North Carolina | 0 | gering |
2 | T.S. | BERTHA | – | 27.05.-28.05. | 85 | 1004 | South Carolina | 1 | gering |
3 | T.S. | CRISTOBAL | – | 01.06.-10.06. | 95 | 992 | Louisiana | 15 | ca. 675 Mio. US-Dollar |
4 | T.S. | DOLLY | – | 22.06.-24.06. | 75 | 1002 | — | — | — |
5 | T.S. | EDOUARD | – | 04.07.-06.07. | 75 | 1007 | — | — | — |
6 | T.S. | FAY | – | 09.07.-11.07. | 95 | 998 | Florida, Neuengland | 6 | ca. 400 Mio. US-Dollar |
7 | T.S. | GONZALO | – | 21.07.-25.07. | 100 | 997 | Trinidad | 0 | gering |
8 | H | HANNA | 1 | 23.07.-27.07. | 150 | 973 | Texas/Mexiko | 5 | ca. 485 Mio. US-Dollar |
9 | H | ISAIAS | 1 | 30.07.-05.08. | 140 | 987 | Kleine Antillen, Puerto Rico, Dom.Rep., Bahamas, South Carolina | 18 | über 4 Milliarden US-Dollar |
10 | T.D. | TEN | – | 31.07.-02.08. | 55 | 1007 | — | — | — |
11 | T.S. | JOSEPHINE | – | 11.08.-16.08. | 75 | 1004 | — | — | — |
12 | T.S. | KYLE | – | 14.08.-16.08. | 85 | 1000 | — | — | — |
13 | H | LAURA | 4 | 20.08.-29.08. | 240 | 937 | Virgin Islands bis Kuba, Texas/Louisiana | 108 | 8-9 Milliarden US-Dollar |
14 | H | MARCO | 1 | 20.08.-25.08. | 120 | 991 | Louisiana | 1 | gering |
15 | H | NANA | 1 | 01.09.-04.09. | 120 | 994 | Belize | 0 | unter 20 Mio. US-Dollar |
16 | T.S. | OMAR | – | 31.08.-05.09. | 65 | 1003 | — | — | — |
17 | H | PAULETTE | 2 | 07.09.-23.09. | 165 | 965 | Bermuda | ??? | ??? |
18 | T.S. | RENE | – | 07.09.-14.09. | 85 | 1000 | Kapverden | 0 | gering |
19 | H | SALLY | 2 | 11.09.-17.09. | 165 | 965 | Florida, Mississippi, Alabama | 8 | Mind. 5 Mio. US-Dollar |
20 | H | TEDDY | 4 | 13.09.-23.09. | 220 | 945 | Nova Scotia | ??? | gering |
21 | T.S. | VICKY | – | 14.09.-17.09. | 85 | 1000 | — | — | — |
22 | T.S. | WILFRED | – | 18.09.-21.09. | 65 | 1007 | — | — | — |
23 | ST.S. | ALPHA | – | 18.09.-19.09. | 85 | 996 | Portugal | 1 | gering |
24 | T.S. | BETA | – | 17.09.-23.09. | 95 | 994 | Texas | 1 | gering |
25 | T.S. | GAMMA | – | 02.10.-06.10. | 110 | 980 | Yucatan | 7 | ??? |
26 | H | DELTA | 4 | 05.10.-10.10. | 230 | 953 | Yucatan, Louisiana | ??? | ??? |
27 | H | EPSILON | 3 | 19.10.-26.10. | 185 | 951 | — | 0 | — |
28 | H | ZETA | 2 | 24.10.-29.10. | 175 | 970 | Yucatan, Louisiana | 6 | ??? |
29 | H | ETA | 4 | 31.10.-13.11. | 240 | 923 | Nicaragua, Kuba, Florida | 172 | große Schäden in Zentralamerika |
30 | T.S. | THETA | – | 10.11.-15.11. | 110 | 989 | — | 0 | — |
31 | H | IOTA | 5 | 13.11.-18.11. | 260 | 917 | Nicaragua | ??? | ??? |
(Alle Angaben ohne Gewähr; T.D. = Tropische Depression / hat keine Sturmstärke erreicht, T.S. = Tropischer Sturm; Kategorie nach der Saffir-Simpson-Skala, maximaler Mittelwind in km/h, Druck = tiefster festgestellter Luftdruck im Zentrum in Hektopascal).
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