Sturm IBA vor Brasilien
Wie erwartet hat sich am Wochenende vor der Küste Brasiliens auf dem Südatlantik ein Tropensturm gebildet, der den Namen IBA bekam. Der Sturm hat sich trotz etwas ungünstiger Höhenwinde langsam verstärkt mit mittleren Windgeschwindigkeiten bis etwa 85 km/h, bewegt sich aber derzeit nur langsam und bedroht die Küste aktuell nur indirekt. In einzelnen Regionen auf dem Festland gibt es derzeit größere Überschwemmungen.
Ein extrem seltener Tropensturm hat sich im Südatlantik vor der Küste Brasiliens gebildet. #Iba https://t.co/4PifixAucc pic.twitter.com/h1A0r4FteD
— M Anderson (@MAnderson003) March 24, 2019
Bereits seit Donnerstag (21. März) entstanden dicht vor der brasilianischen Küste vermehrt kräftige Schauer und Gewitter, die sich am Wochenende mehr und mehr um ein Zentrum formierten. Daraus wurde am Sonntag an Tropensturm. Vom Centro de Hidrografia da Marinha (CHM) bekam der Sturm darauf den Namen IBA. Der gesamte Küstenbereich ist in dieser Region dicht besiedelt. In Salvador, der Hauptstadt des Bundesstaates Bahia, leben etwa 2,6 Millionen Menschen. Im Stadtgebiet von Rio de Janeiro sind es etwa 6,7 Millionen und in der Region Rio de Janeiro etwa 13,3 Millionen Menschen. Dazwischen liegt zum Beispiel auch die Stadt Porto Seguro mit rund 150.000 Einwohnern.
#Iba is now getting sheared, as upper level winds near the storm turned more westerly. The center is now exposed, and if shear does not decrease, it will weaken from here. pic.twitter.com/wKWIMURPbt
— Not Sparta (@cyclonicwx) March 25, 2019
Der Höhenwind frischte am Montagmorgen allerdings aus westlichen Richtungen deutlich auf. Mit zunehmenden Windunterschieden zwischen dem Bodenwind und dem Höhenwind (Windscherung) bekommt der Sturm sozusagen Schieflage. Wenn der Höhenwind nicht schwächer wird, löst sich der Sturm bald wieder auf.
Der Sturm kommt der Küste zunächst kaum näher. Am Rande des Sturm sind aber auf dem Festland auch in den kommenden Tagen lokal heftige Gewitter mit großen Regenmengen in kurzer Zeit möglich.
Olha ai os efeitos, ainda vai piorar e não vemos ninguém falando sobre 🙂 #IBA
VÍDEO: Av. ACM fica alagada durante chuva forte em Salvador; motoristas e passageiros são resgatados pelos bombeiros | Bahia | G1 https://t.co/bFD1x0k8LF
— Talita🌈🦄🇧🇷 (@CondidaManoBrau) March 25, 2019
Am Rande des Tropensturms gab es bereits am Sonntag auch in der nahe liegenden Küstenregion heftige Schauer und Gewitter mit teils großen Regenmengen, durch die besonders in der Millionenstadt Salvador Überschwemmungen auftraten.
Blick in die Historie:
Tropenstürme und Hurrikane sind auf dem Südatlantik ein seltenes Ereignis. Im März 2004 bildete sich zum ersten Mal seit Beginn der Aufzeichnungen auch auf dem Südatlantik ein voll ausgebildeter Hurrikan. Weder der brasilianische Wetterdienst noch andere internationale Dienste hatten die Entwicklung um den 24. bis 26. März zunächst wahrgenommen oder gar vorhergesagt, niemand hatte wohl damit gerechnet. Zunächst gab es auch internationale Streitigkeiten, ob der Sturm denn nun ein Hurrikan, ein Zyklon oder was auch immer war. Er bekam in den brasilianischen Medien den inoffiziellen Namen „Catarina“ nach einem der beiden betroffenen Staaten Santa Catarina und Rio Grande do Sul, Warnungen vor einem möglichen Hurrikan wurden jedoch nicht herausgegeben.
Der ungewöhnliche Hurrikan entstand aus einer Störung, die ursprünglich nicht tropisch war. Ein mit höhenkalter Luft angefülltes Tief wirbelte am 22./23. auf dem südlichen Atlantik, etwa in 28 bis 29 Grad südlicher Breite. Am 24. und 25. März wandelte sich das Tief in ein tropisches System um, es wurde von unten erwärmt. Das Wasser wies in dem betreffenden Seegebiet knapp 1.000 Kilometer östlich von Brasilien Temperaturen um 25 Grad auf, was durchaus für eine solche Umwandlung ausreicht. Diesen Prozess kennt man vom nördlichen Atlantik etwa 2 bis 3mal im Jahr.
Der Hurrikan richtete in den beiden betroffenen Staaten Südbrasiliens erhebliche Verwüstungen an, es gab Tote und Verletzte. Zahlreiche Gebäude stürzten ein und Tausende weitere wurden zum Teil schwer beschädigt. Ein weiteres Thema in den Medien war vor allem in Brasilien der Streit zwischen den Meteorologen, ob es sich um einen Hurrikan oder ein außertropisches Tief handelte. Dem staatlichen Wetterdienst wurde vorgeworfen, die Lage nicht erkannt und falsch eingeschätzt zu haben.
Insgesamt war das ganze System Ende März 2004 ein gut ausgeprägter Hurrikan, der erste, der seit Beginn der Beobachtungen auf dem Südatlantik registriert wurde. Auch ein Tropischer Sturm wurde bis dahin zumindest offiziell nicht beobachtet. Im April 1991 hatte sich mitten auf dem Atlantik eine Tropische Depression gebildet, die sich ein paar Tage hielt und sich dann wieder auflöste. Sie erreichte möglicherweise für kurze Zeit auch Sturmstärke, bekam aber keinen Namen und richtete natürlich nichts weiter an. Dann gab es im Mai 2001 noch ein hurrikanähnliches System weiter südlich sowie im Januar 2004 ein verdächtiges System vor dem afrikanischen Kongo. Weitere Fälle von Stürmen auf dem südlichen Atlantik gab es in den vergangenen Jahren. Im März 2010 (siehe Satellitenbild) entstand vor der südbrasilianischen Küste aus einem außertropischen Tief am 09.03. ein Subtropischer und dann sogar ein Tropischer Sturm, der zwar kein Land bedrohte, aber schon bemerkenswert war. Die höchsten Windgeschwindigkeiten reichten am 10.03. bis etwa 75 km/h mit noch stärkeren Böen. Der Sturm hielt sich zwei Tage lang, er wurde inoffiziell „Anita“ getauft.
Die mittlere Temperatur des tropischen Südatlantiks beträgt etwa 26 Grad, das könnte eigentlich schon mal ausreichen. Im Herbst (bei uns Frühling) reichen die Temperaturen vor der nordbrasilianischen Küste auch bis 28 oder 29 Grad, vor Porto Alegre im Süden des Landes sind es rund 25 Grad. Es wurden zahlreiche Theorien aufgestellt, warum sich auch über Jahrzehnte hinweg kaum ein Sturm bildete. Die Satellitenüberwachung ergab jedenfalls bis zu dem System im Jahre 1991 nichts. Das Problem liegt wohl unter anderem darin, dass die innertropische Konvergenzzone immer im Bereich des Äquators oder nördlich davon liegt, aber nicht südlich. In der Passatwindzone südlich davon fehlen die Easterly waves (westwärts ziehende Störungen, die von Afrika auf den Atlantik ziehen und Auslöser für Hurrikane sein können) weitgehend. Dazu kommt die meiste Zeit noch starke Windscherung, die eine weitere Entwicklung in Frage kommender Systeme verhindert. Alles zusammen bewirkt wohl das weitgehende Ausbleiben von Hurrikanen auf dem Südatlantik, manchmal passt dennoch alles zusammen.
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