Windschwache Gewitterlagen sehr gefährlich

Neben dem Risiko durch Blitzschlag besteht im Bereich von Gewittern die Gefahr von Starkregen, Hagel, Sturm und Tornados. Heftige Gewitterböen treten vor allem bei schnell ziehenden Gewittern auf, die Hauptgefahren bei langsam ziehenden oder stationären Gewittern sind dagegen andere. Besonders Starkregen mit der Gefahr von lebensbedrohlichen Sturzfluten und Überschwemmungen können auftreten, während Sturmböen seltener vorkommen. Allerdings ist die Gefahr von Tornados bei sehr schwachem Höhenwind erhöht. Eine solche Wetterlage stellte sich im Mai 2016 ein. Sie hielt wochenlang an und brachte schwere Unwetter mit Sturzfluten und Dutzenden Tornados hervor.




Wie sich eine solche höhenwindschwache Gewitterlage auswirken kann, zeigte der Frühsommer 2016, als sich von Ende Mai bis etwa Mitte Juli wochenlang feuchte Luftmassen über Deutschland hielten und sich unzählige Schauer und Gewitter bildeten, die sich mangels Höhenwind meist kaum von der Stelle bewegten. Zwei Unwetter ragten aus der Masse an lokalen Unwetterereignissen heraus. Am 26. Mai 2016 fielen im Bereich Braunsbach (Baden-Württemberg) innerhalb kürzester Zeit Regenmengen bis über 100 Liter pro Quadratmeter. Dadurch wurde eine gewaltige Sturzflut ausgelöst, bei der mehrere Menschen ums Leben kamen.

Nur wenige Tage später, am 01. Juni 2016, traf es Simbach am Inn (Bayern), wo ebenfalls mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter fielen und sich eine Sturzflut durch den Ort ergoss. Auch hier gab es mehrere Tote und enorme Schäden.

Tornados bei wenig Höhenwind

Für die Bildung von Tornados sind die wichtigsten Zutaten bekannt. Dazu gehören feuchte Luft und Labilität, also große vertikale Temperaturgegensätze. Dazu kommt mit der Höhe rasch zunehmender Wind, der zugleich seine Richtung mit der Höhe ändert. Man spricht von Windscherung. Ist diese bei Gewitterlagen groß, steigt auch die Tornadogefahr deutlich an. Dies gilt für Gewitter bei starker Höhenströmung und Tornados entstehen bei solchen Wetterlagen vor allem an so genannten Mesozyklonen – kräftigen Gewittern mit ausgeprägtem und rotierendem Aufwindbereich. Man spricht auch von Typ-I-Tornados. Fast sämtliche Tornados der Stärke F3 oder mehr sind Tornados dieses Typs.

Ein Tornado des Typs II ist vor allem thermisch angetrieben. Hierfür darf der Höhenwind nur sehr schwach oder im günstigsten Fall gar nicht vorhanden sein. Bei höhenwindschwachen Gewitterlagen werden manchmal an einem Tag zahlreiche Beobachtungen von Trichterwolken gemeldet.

Tornados und Tornadoverdachtsfälle in 2016, Quelle: Werner Simon, Daten aus der Tornadoliste Deutschland

Eine Gewitterlage mit wenig Höhenwind hielt sich mit nur kurzen Unterbrechungen von Ende Mai bis etwa Mitte Juli 2016. In dieser Zeit wurden Dutzende Tornados und mehr als 300 Tornadoverdachtsfälle registriert, die meisten davon Trichterwolken, bei denen nicht nachgewiesen werden konnte, ob der Wirbel durchgehend vom Boden bis zur Wolkenbasis reichte. Es ist gut möglich, dass die Gesamtzahl der Tornados im Jahr 2016 deutlich im dreistelligen Bereich lag. In der Grafik zeichnet sich deutlich die Unwetterlage ab.

Tornado in Ostheim (Hessen) am 05.06.2016, Foto: Stephan Müller

Einer der bestätigten Fälle war ein Tornado der Stärke F1, der in Ostheim nahe Bad Nauheim (Mittelhesse) einige Schäden anrichtete. Auch stärkere Tornados kommen bei diesen Wetterlagen gelegentlich vor, wenn auch nicht so häufig wie starke Typ-I-Tornados. Dass 2016 so viele Tornados und Verdachtsfälle gemeldet wurden, lag unter anderem an der inzwischen sehr großen Verbreitung von Smartphones und an der Gründung der Wettermelder-Gruppe von Unwetteralarm bei Facebook, in der inzwischen mehr als 80.000 Wetterinteressierte Mitglied sind..

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