Ab Donnerstag Gewitter- und Tornadogefahr
Nur vorübergehend setzt sich in Deutschland recht ruhiges Wetter durch mit nur wenigen Schauern, die von der Nordsee in Richtung Sachsen ziehen. Zum Donnerstag erreicht uns aus Westen feuchtere und höhenkalte Luft, in der sich für mehrere Tage verbreitet kräftige Schauer und Gewitter mit örtlicher Unwettergefahr vor allem durch lokale Überflutungen bilden können. Auch die Tornadogefahr ist deutlich erhöht. Weitgehend ausgespart davon bleibt der Nordosten Deutschlands.
Die Tiefausläufer selbst bringen nur gebietsweise etwas Regen, der den Nordosten Deutschlands gar nicht erst erreicht. In der feuchten und labilen Luft können sich bereits am Donnerstag erste Schauer und einzelne Gewitter bilden.
Am Freitag können sich fast landesweit kräftige Schauer und Gewitter bilden. Wie bei fast jeder Gewitterlage gilt: Wann und wo genau die Gewitter auftreten, kann man nicht vorhersagen und nicht jeder Ort ist gleichermaßen betroffen. Während an einem Ort sprichwörtlich die Welt untergeht, kann nur wenige Kilometer weiter wenig bis gar nichts passieren.
In Mitteleuropa herrschen dabei am Boden nur geringe Luftdruckgegensätze.
Nur im äußersten Südwesten Deutschlands macht sich etwas stärker Höhenwind bemerkt, sonst weht er in rund 5,5 Kilometer Höhe schwach bis gar nicht. Dies bedeutet auch, dass die entstehenden Schauer und Gewitter nur langsam bis gar nicht von der Stelle kommen und örtlich eng begrenzt große Regenmengen abladen können. Gewitterböen in Sturm- oder Orkanstärke sind bei solchen Wetterlagen eher selten.
Da der Wind in der Höhe so schwach weht, ist die vertikale Windscherung kaum bis gar nicht vorhanden. Vor allem in der Mitte und im Norden ist sie fast gleich Null.
Experimentell wird derzeit das Potenzial für die Entstehung von so genannten Typ-II-Tornados berechnet. Beim Wert 0 besteht fast kein Potential für die Bildung, bei 10 besteht deutlich erhöhtes Potential für die Bildung, sollte es zu entsprechenden konvektiven Ereignissen am Vorhersageort kommen. Für Insider ist es zusammengefasst eine Weiterentwicklung des SWI (Szilagyi Waterspout Index), angepasst auf die höhere Auflösung des ICON im Vergleich zum globalen US-Modell. Allerdings bezieht sich der neue Index nicht nur auf Wasseroberflächentemperaturen, sondern auch auf bodennahe Temperaturen und ist damit auf Landflächen übertragbar. Zusätzlich, wegen der höheren Modellauflösung, werden Bodenkonvergenz und Vorticity sowie konvektive Parameter wie der Temperaturgradient 850-700 hPa berücksichtigt.
Zum Hintergrund und zur Unterscheidung zwischen Typ-I-Tornados und Typ-II-Tornados: Die Zutaten für die Entstehung von Tornados sind weitgehend bekannt. Dazu gehören große Labilität mit ausreichenden Temperaturunterschieden zwischen unten und oben sowie feuchte Luft und bei Tornados, die sich im Bereich von so genannten Mesozyklonen (starke Gewitter mit rotierendem Aufwindbereich) starke Windscherung. Nimmt der Wind mit der Höhe deutlich zu und ändert dabei auch noch seine Richtung, spricht man von starker (vertikaler) Windscherung. Passt alles zusammen, können sich Typ-I-Tornados bilden. Die meisten starken Tornado entstehen im Bereich von Mesozyklonen. Die Gewitterzellen lassen sich mit den Radarbildern verfolgen und auch die Rotation ist dort zu erkennen. Kurzfristig sind sogar Tornadowarnungen durchaus möglich. Die Tornadoforschung hat im Bereich der Typ-I-Tornados in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte gemacht.
Es gibt aber auch noch die Möglichkeit der Tornadoentstehung, wenn Labilität und Feuchtigkeit vorhanden sind, aber (nahezu) kein Höhenwind. Bei solchen Wetterlagen ohne Höhenwind bewegen sich die entstehenden Schauer und Gewitter kaum bis gar nicht und die Überflutungsgefahr durch lokale Sturzfluten ist enorm groß. So thermisch ausgelöst können sich auch Tornados bilden, man spricht von Typ-II-Tornados, die bisher kaum vorhergesagt werden konnten.
Auch am Samstag setzt sich die Gewitterlage fort und lokal besteht weiterhin Unwettergefahr, vor allem durch Starkregen. Auch die Tornadogefahr bleibt erhöht. Wann und wo etwas passiert, lässt sich natürlich weiterhin nicht vorhersagen. Im Norden und Nordosten breitet sich aber trockenere Luft etwas weiter nach Süden und Südwesten aus.
Titelbild: Trichterwolke bei Hettstedt (Sachsen-Anhalt), Foto: David Bender
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