Starke Tornados auch in Deutschland

Seit fast 20 Jahren werden in Deutschland wieder Tornados erforscht, wenn auch auf private Initiative hin. Galten Tornados in Mitteleuropa Ende der 1990er Jahre noch als Ausnahmeerscheinung, ist heute immerhin schon wesentlich bekannter, dass sie auch hier häufiger auftreten. Wie sieht es nun mit der Stärkeverteilung in Deutschland aus? Was kann man dazu bereits sagen? Wie oft kommen starke Tornados der Stärke F2 oder sogar F3 (über 250 km/h) in Deutschland vor?




Tornados und Verdachtsfälle in Deutschland 2000 bis 2018, Quelle: Tornadoliste Deutschland

Die hier gezeigten Statistiken aus der Tornadoliste Deutschland beruhen auf den Zahlen der Jahre 2000 bis 2018. Dies ist für eine Statistik ein recht kurzer Zeitraum, aber aus den Jahren davor liegen deutlich weniger Fälle vor. Dies liegt vor allem daran, dass die Tornadoforschung in Deutschland über Jahrzehnte hinweg nahezu brach lag. War Deutschland auf diesem Gebiet zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch weltweit führend, kam die Forschung während des Zweiten Weltkrieges weitgehend zum Erliegen. Erst 1999/2000 starteten private Initiativen von Nikolai Dotzek („TorDACH“) und Thomas Sävert (Tornadoliste Deutschland). Aus den hier untersuchten 19 Jahren sind mehr als 1000 bestätigte oder plausible Tornados und zusätzlich mehr als 2800 Tornadoverdachtsfälle bekannt (Stand: 14.06.2019). Insgesamt enthält die Tornadoliste weit mehr als 5000 Fälle.

Die Stärke eines Tornados kann normalerweise nicht direkt gemessen werden. Im Jahre 1971 entwickelte Dr. T. Theodore Fujita eine Schadenskala, mit der aufgetretene Schäden den Windstärken zugeordnet werden konnten. Die ursprüngliche Skala wird in den USA nicht mehr verwendet, da sie durch die neue, erweiterte Fujita-Skala (EF) ersetzt wurde. Außerhalb der Vereinigten Staaten wird sie aber in den meisten Ländern nicht verwendet. Der Grund ist vor allem darin zu suchen, dass die neue Skala zwar mehr auf die genaue Art der Schäden und einzelne Besonderheiten eingeht, aber sich zu sehr auf die amerikanische Bauweise stützt. Als starker Tornado wird ein solcher Wirbel bezeichnet, sobald er die Stufe F2 oder mehr auf der Fujita-Skala erreicht.

In Europa wird vielfach auch die in Großbritannien entwickelte und in Deutschland noch verfeinerte Torro-Skala angewendet. Diese Skala ist wesentlich genauer unterteilt, ist aber an die bisherige Fujita-Skala angelehnt. Berücksichtigt werden neben Gebäudeschäden auch und besonders Schäden im Bereich der Vegetation. Schäden an Bäumen konnten dabei vor allem durch die Erkenntnisse des renommierten Forstexperten Martin Hubrig den einzelnen Stufen der Skala zugeordnet werden.

Bestätigte und plausible Tornados in Deutschland 2000 bis 2018, Quelle: Tornadoliste Deutschland

Von den bisher 1029 bestätigten Fällen in den Jahren 2000 bis 2018 liegt zu 483 Fällen eine Stärkeeinschätzung auf Grund der vorgefundenen Schäden vor. Etwa drei Viertel der untersuchten Tornados waren schwach (Stärke F0 und F1), 113 Tornados erreichten die Stärke F2 (ca. 184 – 255 km/h) oder F3 (ca. 256 – 334 km/h). Das bedeutet, dass im Durchschnitt knapp fünf F2-Tornados pro Jahr auftraten und alle 1 bis 2 Jahre ein F3-Tornado. In dem untersuchten Zeitraum wurden keine Tornados der Stärke F4 oder F5 registriert.

Betrachtet man sämtliche in der Tornadoliste enthaltenen Fälle, sind bisher 83 Tornados der Stärke F3 bekannt, dazu 12 F4-Tornados und zwei Tornados der Stärke F5. Beide liegen mehr als 200 Jahre zurück, konnten aber durch genaue Beschreibungen der Schäden entsprechend eingestuft werden. Die beiden zuletzt beobachteten F4-Tornados traten 1968 in Pforzheim und 1979 in Brandenburg auf.

Titelbild: F3-Tornado in Micheln am 23.06.2004

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