Verschiebt sich die Tornadosaison durch den Klimawandel?

Mit der „Fridays for Future“-Bewegung ist die globale Klimaerwärmung seit einiger Zeit immer häufiger in den Medien. Klima und Umweltschutz sind derzeit wichtige Themen in der Gesellschaft. Dabei wird meist über das globale Klima berichtet und diskutiert, aber wie wirkt sich die Klimaänderung auf lokale Unwetter und vor allem auf Tornados in Deutschland aus? Gibt es da schon einen Trend in den bisher vorliegenden Daten?




Zunächst einmal zur Datengrundlage: In der Tornadoliste Deutschland werden sämtliche bekannten Tornados und Tornadoverdachtsfälle aus Deutschland erfasst und unter anderem von der Tornado-Arbeitsgruppe Deutschland untersucht. Es erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit dem ESSL, das die europäische Unwetterdatenbank ESWD betreibt. Grundlage für statistische Untersuchungen sind die Einträge in der Tornadoliste Deutschland seit dem Jahr 2000. Denn erst 1999 / 2000 wurde die Tornadoforschung in Deutschland reaktiviert, zuvor lag sie jahrzehntelang nahezu brach. Dabei war Deutschland in der Tornadoforschung zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter anderem durch den Meteorologen Alfred Wegener weltweit führend, bevor die Forschung in dem Gebiet durch den Zweiten Weltkrieg zum Erliegen kam. Betrachten werden können hier also nur die Daten seit dem Jahr 2000, aus den Jahren davor liegen einfach noch zu wenige Daten vor.

Monatliche Verteilung der erfassten Tornados 2000 bis 2018 in Deutschland, Quelle: Tornadoliste Deutschland

Betrachtet man die saisonale Verteilung der bestätigten Tornados in Deutschland, zeichnet sich deutlich die Hauptsaison für Tornados ab. Sie reicht von Mai bis September, eingeschränkt auch noch bis in den Oktober hinein. Damit ist die Tornadosaison in Deutschland gegenüber der Saison in den USA nach hinten verschoben, dort läuft sie von Anfang März bis etwa Mitte Juli. Es fällt auf, dass es auch außerhalb der Hauptsaison in allen Monaten schon Tornados gab. Man denke nur an den Tornadoausbruch während des Orkans „Kyrill“ am 18. Januar 2007 mit mindestens 3 Tornados der Stärke F3 (oberhalb von 250 km/h).

Monatliche Verteilung der erfassten Tornados 2000 bis 2018 in Deutschland, Quelle: Tornadoliste Deutschland

Ein Vergleich der Jahre 2000 bis 2018 lässt aber keinerlei Trend erkennen. Einzelne Monat stechen aus der Datenmasse heraus, wie der August 2006 mit fast 70 Tornados, darunter allerdings viele Wasserhosen auf Nord- und Ostsee über dem noch sehr warmen Wasser nach einem langen Sommer. Einige dieser Tornados zogen damals auf Land. Auch der Juni 2016 ragt aus den anderen Monaten heraus. Auslöser war eine wochenlange und hartnäckige „Sumpflage“ mit sehr feuchter und labiler Luft, in der sich unzählige, stationäre Schauer und Gewitter und dabei auch Tornados bildeten. An manchen Tagen war es schwer noch den Überblick über die zahlreichen Fälle zu behalten. So verzeichnete das Jahr 2016 mit mehr als 400 auch die bisher höchste Zahl an Tornadoverdachtsfällen.

Dominierend ist die enorme Schwankung bei den Tornadozahlen, abhängig von der jeweiligen Wetterlage. Um einen langfristigen Trend ableiten zu können, ist die Datengrundlage noch viel zu kurz. In der Meteorologie betrachtet man in der Regel mindestens einen Zeitraum von 30 Jahren. In dem 19jährigen Zeitraum von 2000 bis 2018 lässt sich zumindest noch keine signifikantes Veränderung der Tornadosaison erkennen.

Wie häufig und stark lokale Unwetter und insbesondere Tornados in Zukunft in Deutschland auftreten werden, ist noch sehr umstritten. Einerseits könnte wärmere Luft mehr Feuchtigkeit speichern und damit mehr Energie für Unwetter liefern. Andererseits hat man 2018 gesehen, dass wochenlange Hochdruckwetterlagen die Entstehung von Tornados eher unterdrücken. Dazu kommt noch, dass für die Entstehung von Tornados nicht nur Temperaturen und Luftfeuchtigkeit eine Rolle spielen, sondern auch die Windverhältnisse in verschiedenen Höhen. Und wie diese sich in Zukunft verhalten werden, ist noch völlig offen.

Die Grafiken hat Prof. Werner Simon (Rheinische FH in Köln) mit Unterstützung durch den IT-Administrator Kevin Rossel erstellt.

Das Titelfoto nahm Florian Eindl am 20. Juni 2016 in Thyrnau-Hundsdorf (Bayern) auf, vielen Dank!

Ausführliche Informationen zu Unwettern aller Art und anderen Naturgewalten gibt es auf meiner umfangreichen Internetseite:




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