ISS: Gewitter und Seewind
Am 29. März flog die ISS gegen Mittag an der Küste Ostafrikas entlang. Im Süden Somalias entdeckten die Astronauten einige Gewitter, die sich eins nach dem anderen entlang der Küste aufreihten. Dabei hielten alle Gewitterzellen etwa den gleichen Abstand von 20 bis 50 Kilometern zur direkten Küstenlinie ein. In einem Projekt mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Kooperation mit der NASA und den Universitäten Bonn und Bochum werden hier von Zeit zu Zeit interessante ISS-Fotos und Videos vorgestellt.
In den folgenden Stunden wurde das Bild sogar noch drastischer, denn die Linie aus Gewittern verlängerte sich auf rund 1200 Kilometer entlang der Küsten von Kenia und Somalia und dennoch waren weiterhin alle Gewitter etwa gleich weit im Landesinneren zu finden. Wie konnte es zu einer solchen Reihe von Gewittern kommen?
Die feuchtwarme Luft bildete zwar eine ideale Grundvoraussetzung für Gewitter, jedoch muss diese Luft aus Bodennähe zunächst über eine gewisse Höhe angehoben werden, um dann von selbst weiter aufsteigen zu können und eine Gewitterwolke zu bilden. Das wurde erst durch ein als Seewind bekanntes Phänomen möglich. Der Seewind ist ein konstant vom Ozean auf das Land wehender Wind, der tagsüber an Küsten entstehen kann. Er bildet sich, da die Sonne das Land deutlich stärker erwärmt als das Meer, die warme Luft beginnt aufzusteigen, was an den Quellwolken im Landesinneren deutlich zu sehen ist. Dabei nimmt der Luftdruck am Boden ab und als Ausgleich weht vom Ozean ein Wind in Richtung des tiefen Drucks an Land. In den Bildern ist der Bereich des Seewinds als wolkenfreie Zone entlang der Küste zu erkennen. Im Landesinneren trifft der Seewind dann jedoch auf die dort liegende warme Luft, wobei die zusammenströmende Luft nur noch nach oben ausweichen kann. Da das entlang der gesamten Küste passiert, erstreckt sich diese sogenannte Konvergenzlinie, an der die Luft aufsteigt ebenso lang (engl. sea breeze front/ sea breeze convergence). Diese Konvergenz reichte dann aus, um die Gewitter an der ostafrikanischen Küste auszulösen. Einmal ausgelöst stiegen die Gewitterwolken so hoch auf, dass sich die Wolkenoberseiten auf bis zu -80°C abkühlten.
Allerdings fällt in den Bildern noch etwas anderes ins Auge. Die einzelnen Gewitterzellen scheinen durch eine bogenförmige Wolkenfront verbunden zu sein. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Outflow Boundary. Sie markiert die Grenze zu der regengekühlten Gewitterluft. Diese kühle Luft ist schwerer als die Umgebungsluft und breitet sich deshalb am Boden aus und kann sich unter Umständen weit vom eigentlichen Gewitter entfernen. Ebenso wie die Konvergenz können Outflow Boundaries ebenfalls neue Gewitter entstehen lassen.
Copyright Titelbild und Foto: NASA/ KEPLER ISS
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