Libyen: Katastrophe durch Tropensturm

In vielen Medien ist von einem Sturmtief oder Unwettertief die Rede, das in Libyen und zuvor in Teilen Griechenlands eine unvorstellbare Katastrophe ausgelöst haben soll mit Tausenden Toten. Was ist wirklich vor Ort passiert, was hat die Katastrophe hervorgerufen? Es war nicht nur einfach ein Tief, sondern ein ausgewachsener Tropensturm, der sich über dem sehr warmen Mittelmeerwasser gebildet hatte und auf die Küste Libyens traf. Er bekam den Namen DANIEL, der alle typischen Merkmale eines Tropensturms aufwies. Dazu passen auch die gewaltigen Regenmengen – gebietsweise kam an einem einzigen Tag mehr zusammen als sonst im ganzen Jahr.



 

Höhenkalte Luft über dem warmen Mittelmeerwasser löst in nahezu jedem Herbst starke Unwetter aus. Das Wasser war in diesem Jahr besonders warm und die Unwetter im Bereich eines Tief bei Griechenland waren daher extrem. So fielen im griechischen Portaria allein am 05. September 761,9 Liter auf den Quadratmeter, in Zagora waren es 759,6 Liter an einem einzigen Tag. Innerhalb von vier Tagen kamen in Zagora weit über 1.000 Liter pro Quadratmeter zusammen.

Vorhersagekarten vom 04.09.2023, Quelle: Tropical Tidbits

Bereits am 04. September zeigten die Bereichnungen einiger Wettermodelle die Entwicklung eines kleinräumigen Tief an, das auf dem offenen Meer zwischen Italien, Griecheland und der nordafrikanischen Küste zu einem kleinen Tropensturm werden sollte.

Das Satellitenbild am folgenden Tag lässt sehr gut die Spiralstruktur des großräumigen Tief erkennen, in Zentrumsnähe des Tiefs formieren sich hoch reichende Wolken, die sich schon mehr auf den Bereich um das Zentrum selbst konzentrieren.

Eine Analyse des Windfeldes zeigt den inzwischen zu einem Tropensturm herangewachsenen Wirbel direkt vor der libyschen Küste, die er einige Stunden später auch erreichen sollte – also ähnlich wie bereits einige Tage zuvor von den Wettermodellen berechnet.

 

 

Mit Verstärkung der Konvektion (Schauer und Gewitter) direkt um das Zentrum nahm der Sturm immer mehr die typische Form eines sich verstärkenden Tropensturms an. Damit passte alles zusammen: Konzentration des Windfeldes und der hochreichenden Schauer/Gewitter um das Zentrum, das zudem mit Warmluft aufgefüllt war, also einen warmen Kern aufwies. Damit wies der Sturm rein tropische Eigenschaften auf. Bildet sich ein solcher Tropensturm oder Hurrikan im Mittelmeerraum, wird er auch als Medicane bezeichnet – eine Kombination der Begriffe „Mediterranean“ und „hurricane“.

Trifft ein Sturm oder Hurrikan auf Land, muss nicht nur mit Schäden durch den Wind, sondern besonders auch durch Überschwemmungen gerechnet werden, so auch in Libyen. In der Stadt Bayda wurden am 10. September innerhalb von nur 24 Stunden 414,1 Liter pro Quadratmeter gemessen. Im langjährigen Mittel sind es hier 540 Liter im gesamten Jahr. In Derna fiel nach gemessenen 73,0 Litern die Wetterstation aus. Nach dem Bruch von zwei Staudämmen wurden Teile der Stadt förmlich weggerissen und nach Medienmeldungen gab es Tausende Tote und schwerste Zerstörungen.

Es gab zwar Warnungen vor diesem Sturm, aber in dem durch Krieg gebeutelten Staat ließen sich diese nur schwer weitergeben. Dazu kommt, dass kein Wetterdienst offziell für Tropenstürme im Mittelmeerraum zuständig ist – anders als zum Beispiel das National Hurricane Center in Miami für den Nordatlantik.

Zu den Auswirkungen durch den Sturm:

 

Copyright Titelbild: NASA

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