Trifft Rieseneisberg auf Insel?
Vor knapp drei Jahren löste sich in der Antarktis ein riesiger Eisberg vom Eisschelf Larsen C und machte sich auf eine lange Reise durch das Südpolarmeer. Der Eisberg war damals 175 Kilometer lang und bis zu 55 Kilometer breit, er war etwa doppelt so groß wie das Saarland. Im ersten Jahr bewegte sich der Riesenkoloss nur langsam, dann wurde er etwas schneller und nähert sich nun allmählich Südgeorgien. Dort leben zwar keine Menschen, aber der Eisberg, der nur langsam schrumpft, könnte vor allem die Tierwelt beeinflussen.
Spektakuläre Bilder gingen im Frühjahr 2017 durch die Medien, Bilder zeigten einen mehr als 100 Kilometer langen Riss durch das Eisschelf Larsen C, der auch an der deutschen Neumayer-Forschungsstation verfolgt wurde. Im Sommer war es dann soweit, ein gigantischer Eisberg entstand und driftete langsam vom Eisschelf weg. Im Satellitenbild vom September 2017 sieht man schon deutlich den komplett abgebrochenen Eisberg.
Im ersten Jahr legte der größte Teil des Eisbergs nur eine Strecke von etwa 45 Kilometern zurück. Im Norden brach ein Stück ab und wurde zum Eisberg A-68B, der etwas schneller vorankam.
Viele Eisberge in der Antarktis halten sich Jahre, manche sogar Jahrzehnte. Mehr als drei Jahre ist A-68A nun unterwegs und hat bereits eine beeindruckende Reise hinter sich. Am 9. April 2020 hat das MODIS (Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer) auf dem Terra-Satelliten der NASA dieses Bild von A-68A aufgenommen, der damals etwa 230 Kilometer west-südwestlich der South Orkney Islands lag. Der 95 Meilen lange Eisberg scheint die 80 Meilen lange Inselkette in den Schatten zu stellen.
A-68A schien im Frühjahr 2020 deutlich abgebremst zu sein und sich zu drehen, ohne sich weit zu bewegen. Der NASA / UMBC-Glaziologe Christopher Shuman glaubte, dass der Berg in einer zirkulierenden Wassermasse oder einem so genannten „Gyrus“ (aus dem griechischen für Runde, Rundgang) gefangen sein könnte. Christopher Readinger, Wissenschaftler am US National Ice Center (USNIC), stimmt zu, dass ein Gyrus oder ein kleinerer Wirbel die Bewegung des Berges erklären könnte. „Dies ist ein Verhalten, das wir schon oft bei anderen Eisbergen stromabwärts der Halbinsel gesehen haben“, sagte Readinger. „Sie fangen einfach ohne ersichtlichen Grund an zu kreisen.“
Eisberge, die durch dieses Gebiet ziehen, werden schließlich nach Osten geschoben, wenn sie auf den mächtigen antarktischen Zirkumpolarstrom treffen, der durch die Drake-Passage fließt. Von diesem Punkt an kann das Eis nach Norden in die wärmeren Gewässer des Südatlantiks peitschen – eine Region, in der Eisberge schmelzen, zusammenbrechen und schließlich sterben. Das war das Schicksal vieler Fragmente eines anderen Eisbergs, B-15. Der Berg in Connecticut-Größe war der größte, der jemals von Satelliten gemessen wurde, aber 20 Jahre nach dem Verlassen des Ross-Schelfeises ist nur noch ein Stück groß genug, um von der USNIC verfolgt zu werden.
A-68A ist noch nicht ganz so weit. „Ich bin überrascht, wie gut es zusammenhält“, sagte Readinger. „Es ist jetzt seit ein paar Monaten in wärmerem Wasser und es ist nicht gerade ein sehr dicker Berg, also gehe ich davon aus, dass er bald aufbrechen wird, aber er zeigt noch keine Anzeichen dafür.“
It’s now headed straight for South Georgia Island, a British overseas territory in the southern Atlantic, where within days it could smash into the remote world teeming with wildlife 3/5 pic.twitter.com/1yqFA0GCrz
— Reuters Science News (@ReutersScience) December 11, 2020
Die Animation zeigt ebenfalls die Reise des riesigen Eisbergs, der etwa die gleiche Größe hat wie die Insel Südgeorgien (ca. 3.550 Quadratkilometer): Während der Eisberg etwa 150 km x 48 km misst, erstreckt sich die Insel über eine Länge von 167 km und eine Breite von bis zu 37 Kilometern. Der Eisberg ist nur noch etwa 100 Kilometer von Südgeorgien entfernt.
Es bleibt abzuwarten, wie weit sich der Eisberg der Insel noch nähert. Es könnte auf den flachen Gewässern vor der Insel stranden oder diese auch noch knapp verfehlen, indem er – wie viele andere Eisberge auch – kurz vorher mehr nach Osten eindreht. Wenn man sich die bisherige Zugbahn anschaut, sieht man aber, dass der weitere Verlauf kaum vorhersagbar ist.
Die Insel Südgeorgien wird vor allem von Millionen Pinguinen bevölkert, für die der Zugang zum Meer sehr wichtig ist, ebenso für viele andere Tierarten. Auch für Flora und Fauna im Meer vor der Insel könnte der Eisberg verheerende Auswirkungen haben.
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