Über 50 Tornados in 2021
Am Wochenende tagte die Tornado-Arbeitsgruppe Deutschland zur Nachbesprechung der Tornadosaison 2021. Wie so viele andere Veranstaltungen auch fand das Meeting der Tornadoexperten wegen der Pandemie nur online statt. Über Dutzende Fälle aus dem vergangenen Jahr sollte noch diskutiert werden, aus einigen Verdachtsfällen würden so noch plausible oder auch bestätigte Fälle. Damit hat sich die Zahl der bestätigten oder plausiblen Tornados 2021 in Deutschland auf 57 erhöht, dazu kommen derzeit noch 165 Verdachtsfälle. Wegen der Vielzahl der Fälle wird es dazu demnächst noch ein weiteres Meeting geben – wir berichten weiter.
Mehr als 20 Verdachtsfälle wurden bei dem Meeting besprochen. Neben Bild- und Videomaterial wurden unter anderem meteorologische Daten wie Radarbilder, Winddaten etc. sowie das Höhenprofil in dem jeweiligen Gelände betrachtet. Mit all den Daten wurde abgewägt, ob in dem Fall von einem bestätigten Tornado ausgegangen werden muss, ein Tornado zumindest sehr wahrscheinlich und damit plausibel ist oder ob es vorerst weiterhin beim Tornadoverdacht bleibt. So sind aus bisher 29 bestätigten und 17 plausiblen Tornados nun 34 bestätigte und 23 plausiblen Fälle geworden. Die Zahlen können sich natürlich immer noch ändern, oft treffen erst Monate oder Jahre später noch Hinweise zu vergangenen Fällen ein.
In jedem Jahr treten in Deutschland Dutzende Tornados auf, wobei die Hauptsaison von Mai bis September reicht. Allerdings kommen auch außerhalb dieser Zeit immer wieder Tornados in Deutschland vor, unter anderem im Bereich von Sturm- oder Orkantiefs. Wir gehen im Mittel von 30 bis 60 Tornados pro Jahr aus, wobei die Zahlen von Jahr zu Jahr stark schwanken und das Mittel der vergangenen 20 Jahre bei gut 50 pro Jahr liegt. Dabei können Tornados in Mitteleuropa genauso stark sein wie in den USA. Die meisten Tornados sind allerdings schwach (Stärke F0 oder F1) – dies gilt auch für die USA.
Häufig werden Trichterwolken in Deutschland beobachtet, die Zahl ist in jedem Jahr dreistellig. Unter einer Trichterwolke versteht man den durch Kondensation sichtbaren Teil eines Wirbels, der sich unsichtbar nach unten fortsetzt. Gibt es durch den Wirbel Auswirkungen am Boden, dann spricht man von einem Tornado, der aber nicht durchgehend sichtbar sein muss. Direkt über dem Boden wird der Wirbel oft durch aufgewirbelten Staub (oder aufgewirbeltes Wasser) oder auch hochgewirbelte Trümmer sichtbar. Man darf sich nicht davon täuschen lassen, wenn nur die Trichterwolke zu sehen ist und der untere Bereich zum Beispiel durch Häuser und Bäume verdeckt ist. Wird eine solche Trichterwolke beobachtet, besteht also ein Tornadoverdacht, ebenso wenn verdächtige Schäden aufgefunden werden. Rund 165 Tornadoverdachtsfälle stehen derzeit für 2021 in der Tornadoliste Deutschland. Mit neuen Erkenntnissen könnte davon noch der eine oder andere Fall bestätigt werden.
Übrigens gibt es derzeit keinen nachweisbaren Zusammenhang der Tornadohäufigkeit mit dem Klimawandel. Die bisher vorliegenden Zahlen lassen keinerlei Trend erkennen. Ob in Zukunft die lokalen Unwetter und damit auch die Tornados häufiger und stärker werden, ist noch völlig offen. Und natürlich gibt es keine „Mini-Tornados“ – ein Tornado ist ein Tornado, egal ob in den USA oder in Europa.
Titelbild: Paul Grabowski, Tornado bei Fuhlendorf (Mecklenburg-Vorpommern) am 05.07.2021
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