Mindestens 48 Tornados in 2022

Die Tornadosaison 2022 brachte in Deutschland deutlich mehr Tornados hervor als bislang angenommen. Kürzlich fand eine Tagung der Tornado-Arbeitsgruppe Deutschland statt, bei der über zahlreiche Fälle aus dem vergangenen Jahr diskutiert wurde. Einige zusätzliche Fälle wurden als Tornado bestätigt. Damit hat sich die Zahl der bestätigten oder plausiblen Tornados 2021 in Deutschland auf 48 erhöht, dazu kommen derzeit noch 142 Verdachtsfälle. Im langjährigen Mittel treten in Deutschland 30 bis 60 Tornados pro Jahr auf, wobei die Anzahl von Jahr zu Jahr stark schwankt.



Erneut wurde über rund 20 Verdachtsfälle diskutiert. Neben Bild- und Videomaterial wurden unter anderem meteorologische Daten wie Radarbilder, Winddaten etc. sowie das Höhenprofil in dem jeweiligen Gelände betrachtet. Mit all den Daten wurde abgewägt, ob in dem Fall von einem bestätigten Tornado ausgegangen werden muss, ein Tornado zumindest sehr wahrscheinlich und damit plausibel ist oder ob es vorerst weiterhin beim Tornadoverdacht bleibt. Auch wird so in einzelnen Fällen ein Tornado ausgeschlossen und Verdachtsfälle von der Liste gestrichen. Damit sind aus 31 bestätigten und 11 plausiblen Tornados vor der Besprechung nun 43 bestätigte und 5 plausible Fälle geworden. Die Zahlen können sich natürlich immer noch ändern, oft treffen erst Monate oder Jahre später noch Hinweise zu vergangenen Fällen ein.

Die zurückliegende Tornadosaison war die teuerste seit Aufzeichnungsbeginn. Das Tornadojahr 2022 startete in Deutschland früh und brachte bereits im Februar und im April erste Tornados. Zahlreiche Tornados und Tornadoverdachtsfälle folgten mit dem Höhepunkt am 20. Mai, als ein Tornadoausbruch mindestens 6 bestätigte und einen plausiblen (sehr wahrscheinlichen) Tornado sowie 10 weitere Verdachtsfälle hervorbrachte. Es gab unter anderem in Paderborn Dutzende Verletzte und die Schäden in Ostwestfalen und in Südniedersachsen lagen im dreistelligen Millionenbereich. Insgesamt sind in 2022 bisher 43 Tornados bestätigt, dazu kommen 5 plausible Fälle, in denen ein Tornado sehr wahrscheinlich ist. Im Jahr 2022 sind derzeit außerdem 142 Verdachtsfälle bekannt (Stand: 26.06.2023) und damit etwas weniger als im Vorjahr. Die Zahl der bestätigten Tornados in 2022 kann allerdings nach weiterer Diskussion einzelner Fälle noch ansteigen.

Drei der Tornados am 20. Mai im Raum Lippstadt, Paderborn (beide NRW) und im Kreis Holzminden (Niedersachsen) erreichten die Stärke F2. Die Analyse von Satellitenbildern ergab, dass die Schneise in Lippstadt zeitweise 900 bis 950 Meter breit war. Aus derselben Superzelle ging der Tornado hervor, der in Paderborn mindestens 43 Menschen verletzte und Millionenschäden anrichte. Die Schneise war 23,5 Kilometer lang und maximal 400 Meter breit. Die Schäden wurden von der Stadt Paderborn mit fast 150 Millionen Euro beziffert, davon mehr als 100 Millionen an Gewerbebetrieben. Der Tornado beschädigte oder zerstörte im Stadtgebiet etwa 1000 Bäume.

Tornado bei Paderborn am 20.05.2022, Foto: Sven Foede

Die beiden Tornados in Lippstadt und Paderborn sind durch Videomaterial und Augenzeugen bestätigt. Auch der Tornado in Merxhausen und Mackensen im Landkreis Holzminden war ungewöhnlich breit mit einer Schneisenbreite von bis zu 750 Metern. Bei mindestens 8 weiteren bestätigten oder plausiblen Fällen wurde in 2022 die Stärke F1 erreicht.

Tornado in Urexweiler am 17.11.2022, Foto: Lorena Schöneberger

Ein für die Jahreszeit ungewöhnlich stärker Tornado hinterließ am 17. November im nördlichen Saarland eine mehr als 10 Kilometer lange Schneise mit erheblichen Schäden. Eine sogenannte Superzelle – ein langlebiges Gewitter mit beständig rotierendem Aufwind Bereich – war von Frankreich aus ins Saarland gezogen.

Im langjährigen Mittel gehen wir von 40 bis 60 Tornados pro Jahr in Deutschland aus, wobei die Zahlen von Jahr zu Jahr stark schwanken. Ein Tornado der Stärke F3 kommt etwa alle zwei Jahre vor, F2-Tornados im Schnitt 3 bis 5 pro Jahr. Eine genauere Statistik gibt es derzeit noch nicht. Erst seit der Jahrtausendwende wird in privater Initiative wieder Tornadoforschung in Deutschland betrieben, für eine aussagekräftige Statistik reicht dies noch nicht aus.

Titelbild: Tornado am 28.09.2022 in Ostfreisland, Foto: Hartmut Kaufeld

Ausführliche Informationen zu Unwettern aller Art und anderen Naturgewalten gibt es auf meiner umfangreichen Internetseite:




Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert