Unwettergefahr mit Starkregen und Tornados
Sommerwetter mit Einschränkungen. Zwar scheint heute und auch in den ersten Tagen der neuen Woche in weiten Teilen Deutschlands die Sonne und es ist hochsommerlich warm bis heiß, aber die Luft wird allmählich feuchter und das Gewitterrisiko steigt in vielen Landesteilen an. Schon am heutigen Sonntag bilden sich einzelne Schauer und Gewitter, dies vor allem von Bayern bis in die Landesmitte rund um Thüringer Wald, Harz und Sauerland. Am Montag breiten sich Schauer und Gewitter weiter aus. Da sich die Schauer und Gewitter in schwacher Höhenströmung nur langsam bis gar nicht bewegen, muss lokal eng begrenzt mit großen Regenmengen mit Überflutungsgefahr gerechnet werden. Dazu ist auch die Tornadogefahr regional deutlich erhöht.
Das Radarbild vom frühen Sonntagnachmittag zeigt erste kleine Schauer und Gewitter, im Laufe des Nachmittags kommen noch einige hinzu. Bereits am Samstag entstanden am Alpenrand und im Bayerischen Wald erste Gewitter und bei Benediktbeuern wurde eine Trichterwolke gemeldet.
Am Montag treten in vielen Regionen Schauer und Gewitter auf, die weiterhin meist kleinräumig sind und bei nur schwachem Höhenwind und damit nur geringer vertikaler Windscherung kaum von der Stelle ziehen.
Unter der vertikalen Scherung versteht man den Windunterschied zwischen der bodennahen Schicht und der Höhe. Derzeit ist dieser Unterschied – Scherung genannt – verbreitet nur sehr gering oder praktisch nicht vorhanden. Es weht nur schwacher Höhenwind. Damit ziehen die Schauer und Gewitter meist nur langsam. Bei solchen höhenwindschwachen Wetterlagen können typischerweise auch einzelne Tornados entstehen.
Experimentell wird derzeit das Potenzial für die Entstehung von so genannten Typ-II-Tornados berechnet. Beim Wert 0 besteht fast kein Potential für die Bildung, bei 10 besteht sehr hohes Potential für die Bildung, sollte es zu entsprechenden konvektiven Ereignissen am Vorhersageort kommen. Für Insider ist es zusammengefasst eine Weiterentwicklung des SWI (Szilagyi Waterspout Index), angepasst auf die höhere Auflösung des ICON im Vergleich zum globalen US-Modell. Allerdings bezieht sich der neue Index nicht nur auf Wasseroberflächentemperaturen, sondern auch auf bodennahe Temperaturen und ist damit auf Landflächen übertragbar. Zusätzlich, wegen der höheren Modellauflösung, werden Bodenkonvergenz und Vorticity sowie konvektive Parameter wie der Temperaturgradient 850-700 hPa berücksichtigt.
Zum Hintergrund und zur Unterscheidung zwischen Typ-I-Tornados und Typ-II-Tornados: Die Zutaten für die Entstehung von Tornados sind weitgehend bekannt. Dazu gehören große Labilität mit ausreichenden Temperaturunterschieden zwischen unten und oben sowie feuchte Luft und bei Tornados, die sich im Bereich von so genannten Mesozyklonen (starke Gewitter mit rotierendem Aufwindbereich) starke Windscherung. Nimmt der Wind mit der Höhe deutlich zu und ändert dabei auch noch seine Richtung, spricht man von starker (vertikaler) Windscherung. Passt alles zusammen, können sich Typ-I-Tornados bilden. Die meisten starken Tornado entstehen im Bereich von Mesozyklonen. Die Gewitterzellen lassen sich mit den Radarbildern verfolgen und auch die Rotation ist dort zu erkennen. Kurzfristig sind sogar Tornadowarnungen durchaus möglich. Die Tornadoforschung hat im Bereich der Typ-I-Tornados in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte gemacht.
Es gibt aber auch noch die Möglichkeit der Tornadoentstehung, wenn Labilität und Feuchtigkeit vorhanden sind, aber (nahezu) kein Höhenwind. Bei solchen Wetterlagen ohne Höhenwind bewegen sich die entstehenden Schauer und Gewitter kaum bis gar nicht und die Überflutungsgefahr durch lokale Sturzfluten ist enorm groß. So thermisch ausgelöst können sich auch Tornados bilden, man spricht von Typ-II-Tornados, die bisher kaum vorhergesagt werden konnten.
Auch am Dienstag können Schauer und Gewitter auftreten, nur weiß derzeit noch niemand, wo diese tatsächlich entstehen werden.
Wie bei nahezu jeder Gewitterlage gilt auch dieses Mal: Wann und wo genau die Gewitter auftreten, kann man nicht vorhersagen und nicht jeder Ort ist gleichermaßen betroffen. Während an einem Ort sprichwörtlich die Welt untergeht, kann nur wenige Kilometer weiter wenig bis gar nichts passieren.
Titelbild: Tobias Hämmer, Königsbrunn
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